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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 49.1938

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D., M.: Hersteller und Verbraucher
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https://doi.org/10.11588/diglit.10945#0399

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INNEN-DEKO RAT ION

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»wohn- und esszimmer« birnbaum anpoliert, matt. - entwurf: prof. reinhold stotz-w.-barmen

nen, und zwar besser als alle andern. Welche Be-
ziehung stiftet das, welches warme Gefühl des gegen-
seitigen Zusammenhangs! Und ist das nicht ein Vor-
bild für die Richtung, in der wir heute den erneuerten
Volkszusammenhang aufbauen und entwickeln wol-
len? Nämlich durch ruhiges, tüchtiges Leisten für
einander? Das Können und das Tun sind die positive
und die objektive Strecke im Seinsbestand jedes Men-
schen. Mit ihnen ist er Glied der Gemeinschaft, ja
mit ihnen liebt er seine Nebenmenschen, einerlei ob
er es Wort haben will oder nicht.

Solche Gedanken gehören überall hinzu, wo wir
von der Neubelebung des Handwerks, von seiner Ein-
setzung in die alte Ehre sprechen. Wie irrt sich der-
jenige, der das für Altertümelei oder für ein unver-
bindliches Spiel mit den Erinnerungen an eindrucks-
volle Sozialcharaktere von ehedem hält! Wo Gemein-
schaft angestrebt wird, da muß der wirkliche
Mensch heraufgerufen werden; und wirklich ist jeder
Mensch nur als persönlicher Täter eines objektiven
Werks. Das »Werk« ist eine zwar begrenzte, doch
reiche und gegliederte Welt, voller Gesetz, voll edler
Zwänge und rechter Führungen; und nur in einer
solchen Welt erfüllt sich der Mensch als »eingereihte

Persönlichkeit«. Das Handwerk, neben dem Landbau,
der wichtigste jener Berufe, die immer wieder den
vollwirklichen Menschen hervorbringen. Weil wir
Gemeinschaft wollen, brauchen wir den verwirklich-
ten Menschen; und weil wir diesen wollen, brauchen
wir die Auferstehung des Handwerks und seiner Mei-
ster. Würden wir in unsrer Welt den Meister nicht
wieder zustande bringen, so hieße das, daß uns unsre
Welt auseinandergefallen ist, daß in ihr das Echte an
»Stoff« sich nicht mehr mit dem Bewußtsein berührt.
Und damit wären wir gezwungen, das große Ziel »Ge-
meinschaft« aufzugeben. Der Meister von heute muß
freilich mit seinem Denken und Wissen, auch mit
seinen Ideen vom Wohnen und Leben höher hinaus-
greifen als der Meister von ehedem. Er muß, wie der
Handwerksmeister der großen mittelalterlichen Bür-
gerkultur, der erfüllende und maßstäbliche Mensch
dieser unsrer Kultur sein. Er muß diejenige Men-
schenform gewinnen, die tatsächlich den neuen, er-
weiterten Lebensräumen entspricht, in welchen unser
Volk als Ganzes lebt. Aber das muß und wird ihm ge-
lingen, wie es der Kultur des 20. Jahrhunderts über-
haupt gelingen muß, die zerflatterten Elemente der
Menschenwelt auf neuer Ebene zu binden. - m. d.
 
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