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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 54.1943

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Raum des Geistes
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https://doi.org/10.11588/diglit.10969#0103

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INNEN-DEKO RAT I O N

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meine Philosophen streiten, meine Historiker und
Theologen weben Tapeten, meine Generale marschie-
ren lautlos, ohne daß Blut vergossen wird.« Diese
Tugenden rühmte ein kluger Erzbischof vor etwa
tausend Jahren den Büchern nach.

Für einen Raum, der jeweilig der Entspannung
oder Konzentration dient, ist es wesentlich, ihn hoch
und weitläufig zu gestalten. Ein Herrenzimmer und
Bibliotheksraum darf auch nicht mit Einrichtungs-
gegenständen oder Dekorationen aller Art überladen
werden. Andererseits vermag sich der kultivierte Ge-
schmack gerade in einem der Entspannung und
Sammlung dienenden Raum im Gestalten und Stellen
der wenigen erlesenen Möbel, der Stoffe, Teppiche und
Beleuchtungskörper in erhöhtem Maße auszuwirken
und der Harmonie zu letzter Vollendung zu verhelfen.
Der hier von Professor Breuhaus geschaffene Raum
fügt sich in seiner auf Ruhe, Klarheit und Hellig-
keit abgestimmten Gestaltung dem Gesamtbild sei-
nes von zurückhaltender Vornehmheit bestimmten
Formschaffens würdig ein. Überall sind auch hier die
feinen Schwingungen der Beziehungen zwischen ihm
und den Dingen spürbar, deren Formgebung oder An-
ordnung durch seinen persönlichen Stil bestimmt
wurde. Der Raum wird nicht durch Bücherschränke
beengt, denn die Regale sind in die Wand eingelassen
und in tabakfarbigem, mit dem Sandstrahl ausgebla-
senen Rüsternholz ausgeführt. Die farbigen, vielfältig

gestalteten Rücken der Bücher bilden den natürlichen
Zierat des schlichten Regals. Der Hauptakzent des
Raumes ist der Kamin, dessen einfache und sehr ein-
drucksvolle Formensprache erneutes Zeugnis von
der bekannten Noblesse des Architekten ablegt. Den
Rauchfang schmücken weit ihre Schwingen span-
nende Vögel, gleichsam den Aufschwung der Ge-
danken symbolisierend, der von dem am Tisch Lesen-
den oder Schreibenden ausgeht, während die Holz-
scheite knistern und das Spiel der Flammen barocke
Ornamente auf den Teppich zeichnet. All dies löst
Behagen aus und jene Wärme, deren wir zur Ent-
faltung unserer Kräfte benötigen, und das Mit-
schwingen der Seele, die Ergriffenheit, die uns über-
kommt, wenn wir uns mit den Zeugen der Geistes-
geschichte befreunden, sie auf uns einwirken lassen -
erfordert Kräfte, die sich wiederum nur inmitten einer
darauf abgestimmten Umgebung zu sammeln vermö-
gen. Sicher gehört es mit zu den schönsten Aufgaben
eines Architekten, Räume zu schaffen, die dem Ver-
weilen dienen sollen, dem Gedenken und der Pflege
geistigen Gutes, Räume, deren Beschaffenheit jene
innere Sammlung und Aufnahmebereitschaft begün-
stigen, die die unerläßliche Voraussetzung dafür sind,
daß der Geist der Dichter und Denker ungehemmt
auflebt; ja man könnte vielleicht so weit gehen und
sagen: daß die Bedeutung und Schönheit ihrer Werke
durch eine adäquate Umgebung gesteigert wird. ml. h.

architekt professor f. a. breuhaus-berl1n »lageplan und grundriss des erdgeschosses«
 
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