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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 54.1943

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Wie hängen wir unsere Bilder?
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https://doi.org/10.11588/diglit.10969#0116

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102

INNEN-DEKORATI ON

WIE HÄNGEN WIR UNSERE BILDER?

Die große Landschaft über der Sofamitte, das
Familienporträt über dem Schreibtisch, das
Blumenstilleben im Damenzimmer, das heitere
Genrebild mit »Pendant« im Wohnzimmer, der ge-
schossene oder röhrende Hirsch im Herrenzimmer,
zwei Obststilleben neben dem Büfett im Speiseraum,
die Aurora im Schlafzimmer und die Raffaelschen
Engel im Kinderzimmer - von diesem ehemals fest-
stehenden Schema haben wir uns längst frei gemacht.
Die Aufgabe, unsere persönlich gewählten Bilder nach
eigenem Geschmack im Raum zu verteilen und ihrer
besonderen Eigenart entsprechend zu hängen, ist
damit zwar keineswegs leichter, sondern schwerer
und persönlicher geworden, doch gibt ihre Lösung
eine ganz andere Befriedigung, als wenn wir der
konventionellen, schematischen Vorschrift des einst
so allmächtigen Tapezierers gefolgt wären. Und vor
allem werden wir fühlen, Kunst im Hause zu haben
und ihrer nur unter gewissen Bedingungen leben-
spendenden Eigenart gerecht geworden zu sein.

Wir entnehmen die Bedingungen für die Höhe des
Aufhängens und für den Abstand des Betrachtens
den Bildern selbst, denn in jedem Gemälde sind die
Wünsche, wie es gesehen werden will, bereits ent-
halten; mit einiger Übung finden wir sie leicht heraus.
Bei Landschaften ist fast stets die Horizontlinie an-
gegeben, die wir etwas unter Augenhöhe halten
müssen; größere Bilder, die auf diese Weise zu tief
an der Wand hängen würden, befestigen wir etwas
höher, sorgen aber für die Möglichkeit, daß der Be-
trachter in größerem Abstand an ihnen vorbeigeführt
wird und somit diese Entfernung im Weitblick den
Unterschied wieder ausgleicht. Man kann solchen
Bildern auch eine kleine Vorneigung des Oberteils
geben. Bei Bildnissen liegt die Sache ähnlich: wie
einem lebenden, so wollen wir auch dem gemalten
Menschen ohne Kopfverrenkung in die Augen sehen
können; auch wenn der Dargestellte nicht zu uns her
sieht, suchen wir doch seinen Blick, und dies wird
maßgebend für das Aufhängen von Porträts sein.
 
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