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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 54.1943

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Hellwag, Fritz: Ein Haus am Wannsee
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Werkform und Kunstform
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https://doi.org/10.11588/diglit.10969#0113

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INNEN-DEKO RAT ION

99

AUS DEM »SPEISEZIMMER« MAHAGONI POLIERT UND TEILS 1NTARSIERT, BEZÖGE: GOLDFARBENER DAMAST

(Aufnahmen: Emil Lcitncr-Bcrlin)

(Abb. S. 102 u. 103) sehen wir, teils am Hause unter
ausladender Markise, teils zum Außengitter gestellte
Sitzplätze. Die in leichter Form gestalteten Eisen-
möbel tragen hier Rücken- und Sitzpolster, mit
blauem, rosa punktierten Lacktuchbezug; im Gar-
tensitzplatz zur ebenen Erde (Abb. S. 104) sind die
Rückenlehnen der Sessel und Bänke originell in
Rankenformen aufgelöst; die Eisenmöbel sind hier
weiß lackiert und mit rotem Lacktuch bezogen. Im
Sonnenschein und Abendlicht wird sich da ein kon-
trastreiches, geselliges Bild entwickeln und den Höhe-
punkt gesteigerter Intimität darstellen. -



ERKFORM UND KUNSTFORM. Die Werk-
form läßt sich aus der statischen Leistung ab-
strakt entwickeln und mathematisch berechnen. Die
Kunstform dagegen veranschaulicht diese statische
Leistung in allegorisch-symbolischer Weise. - An
dem geschweiften Fuß eines Rokokomöbels ist nicht
nur das Ornament, mit dem er verziert ist, Kunst-
form, sondern auch die Schweifung an sich, da ja die

praktische Funktion des Stützens nur eine längliche,
gradlinige Stütze von bestimmter Dicke verlangen
würde. Man sieht daraus, daß es bei dieser Frage
nicht auf den Unterschied von Kern und Hülle, son-
dern auf den Gegensatz zwischen dem technisch Not-
wendigen und dem darüber Hinausgehenden, Über-
flüssigen ankommt. Kunstform ist alles, was über
das praktisch Geforderte und Notwendige hinaus-
geht. Schon in der bloßen Linienführung des Um-
risses, schon in der Verjüngung, An- und Abschwel-
lung, Biegung und Knickung eines Gliedes kann sich
eine bestimmte künstlerische Absicht aussprechen.
Das Ornament ist nur eines unter vielen Mitteln, dem
tektonischen Gebilde einen künstlerischen Charakter
zu verleihen. Es kommt nur darauf an, ob der mensch-
liche Geist zu dem materiell Gegebenen oder Gefor-
derten etwas Besonderes, dem Geist Entstammendes
und auf die Phantasie Wirkendes hinzugefügt hat.

Damit ist das Verhältnis des Kunstgewerbes zum
Handwerk einerseits und zu den übrigen Künsten
andererseits klargelegt. -

Konrad Länge-Tübingen, in »Schön und Praktisch«.
 
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