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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

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Richly, Heinrich: Depotfund der Bronzezeit bei Jaroslavic in Böhmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0039
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H. Richt.y Depotfund der Bronzezeit bei Jaroslavic in Böhmen

darf auf das Depot eines reisenden Händlers, der auch
in der Schmiedekunst Fertigkeit besaß, geschlossen,
und dürfen alle diese Objekte als einem Depotfunde
der Bronzezeit zugehörig erachtet werden.
Den Grundstock des ganzen Fundes bilden
die 25 aufeinander geschichteten Ringe. Sie er-
scheinen bei oberflächlichem Überblick in den
Dimensionen und in der Metallstärke ganz gleich;
doch überzeugt uns ein ganz genauer Vergleich,
daß in der Größe und allen Details mehr oder
weniger bedeutende Unterschiede vorkommen, so
daß auch hier, gleichwie bei vielen verwandten
Depotfunden, mit hoher Wahrscheinlichkeit ge-
schlossen werden kann, daß jedes Stück einer
anderen Gußform — Sand, Lehm etc. — seine
Entstehung verdankt. An der Innenseite sämtlicher
Ringe ist die Gußnaht in Gestalt einer zackigen,
vertieften Furche sichtbar. Der Durchmesser der
einzelnen Ringe beträgt annähernd 12—15 cnr, die
Metallstärke in der Mitte variiert zwischen 1 —1*5 cm.
Von den vorliegenden Ringen ist offenbar
einer im Guße verdorben und entgegen den an-
deren in der Mitte nur 6 ww, an den Enden aber
1 cm stark.
Ungeachtet der lichtgrünen, rauhen Patina,
mit der diese Artefakten ganz und gar bedeckt
sind, ist demnach ersichtlich, daß jie der Gußform
entnommen wurden, ohne dann dem Hämmern,
Glätten etc. unterzogen zu werden. Das Metall
wird vom Messer schwer geritzt, ist von gold-
gelber Farbe und darf — im Gegensätze zu vielen
technisch vollkommen analogen Ringen aus anderen
Depotfunden Böhmens, die aus metallurgisch reinem
Kupfer bestehen — als Bronze bezeichnet werden.
Ringe dieser Gattung sind für Depotfunde
der Bronzezeit in Böhmen und Mähren1) geradezu
typisch und in beiden Ländern sehr häufig, so
daß sie ein sehr beliebter, gangbarer und gesuchter
Handelsartikel gewesen sein müssen. Hingegen
sind sie in den der Bronzezeit zugehörenden
Skelettgräbern Böhmens und Mährens2) überhaupt
b In Böhmen sind 8, in Mähren 27 Depotfunde be-
kannt, welche entweder nur Halsringe (19mal) oder auch
noch verschiedene andere Artefakte enthielten; insgesamt
aus Bronze.
2) Wie bekannt, kommen in den Gräbern der eigent-
lichen Bronzezeit Böhmens und Mährens nur Halsgeschmeide
in Form von Anhängseln und Korallen aus Bronze, Bern-
stein und Glas vor; erst in der Hallstattperiode werden

— soviel bekannt <— noch nie angetroffen worden.1)
Deshalb hat die Vermutung, daß sie als Materiale
anzusehen wären, einen gewissen Grad von Wahr-
scheinlichkeit; obzwar anderseits die typische
Form und die nach dem Guße oft mit Präzision
durchgeführte Prozedur des Hämmerns und Glättens
solcher Ringe, das sorgfältige Einrollen der flach
geschmiedeten Enden etc. — wie oft beobachtet
werden kann — den Schluß nahe legen, daß sie
als fertige, bestimmten Zwecken dienende Handels-
ware zu erachten seien.
Interesse bietet unser Depotfund auch da-
durch, daß die in so bedeutender Anzahl gefun-
denen Bronzeringe systematisch und absichtlich
über einander geschichtet waren; eine Erscheinung,
die bei Depotfunden äußerst selten beobachtet
und in den über 130 Depotfunden Böhmens und
Mährens — deren Grenzen wir in dieser Ab-
handlung nicht überschreiten wollen — nur sehr
selten beobachtet wurde.2)
Die nächste Nachbarschaft der Fundstätte
ist bereits aus früheren Zeiten durch Depotfunde
der Bronzezeit wohl bekannt; es sind dies nament-
lich im Nordwesten Krtenov, Nezdasov, Paseka;
im Süden, und zwar in der nächsten Nachbarschaft
von Budweis: Zahäji, Holsovic, Na Hradci, Plav-
nice, Kosov und das schon in Niederösterreich
befindliche Freystatt. Alle diese, einen lebhaften
Handelsverkehr bezeugenden zahlreichen Depot-
funde stammen vom linken Ufer der gegen Norden
fließenden Moldau und Maltsch und sind auch fluß-
abwärts von Berin (nordwärts) in gleicher Weise
zu verfolgen. Hingegen stammt der Depotfund
von Jaroslavic — gleich jenem von Brezi — vom
rechten Ufer der Moldau und scheint darauf hin-
zudeuten, daß der reisende Händler — Gießer oder
Schmied — seinen Weg entweder schon ursprüng-
massive Halsringe verwendet und treten in der La Tene-
zeit in Böhmen nicht zu selten, aber nur in Frauengräbern
auf; in beiden Fällen jedoch in anderer Form — gleich-
mäßig stark, dünn, schnurförmig gewunden u. s. w.
b Daß sie aber anderswo auch als Halsschmuck
Verwendung fanden, hat Szombathy nachgewiesen, der
einen derartigen Ring am Halse eines Skelettes fand
(M. A. G. XX 18).
2) In Böhmen: Krendorf—Krtenov—Vosov (Richly,
„Die Bronzezeit in Böhmen“) und Zeretice (Pamätky XVII
469). In Mähren: Hlubocany, Mostkovice, Opatovice, Sy-
rovin (Cervinka ebda.).
 
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