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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Editor]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

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Gnirs, Anton: Eine vorrömische Nekropole innerhalb der Mauern des antiken Pola
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https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0041
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A. Gnirs Eine vorrömische Nekropole innerhalb der Mauern des antiken Pola

Eine vorrömische Nekropole innerhalb der Mauern des antiken Pola

Es ist schon lange nachgewiesen, daß die vor-
römischen Istrer auf den meist künstlich abgeplat-
teten Kuppen umwallter Hügel ihre gut gesicherten
Wohnsitze aufgeschlagen haben. Das Verlangen
nach einem Orte, der das umliegende Terrain in
größerem Umkreis dominiert und schon in seinem
natürlichen Aufbau einer Verteidigung auch gegen
den Angriff eines überlegenen Feindes Erfolg ver-
spricht, war für die Wahl derartiger Wohnplätze
bestimmend gewesen. Leicht lassen sich die Höhen-
punkte auffinden, die schon in früher Zeit besiedelt
wurden; sie sind dem heutigen Istrianer wohlbe-
kannt und werden von den Einwohnern romanischer
Zunge castillieri, von den Slaven gewöhnlich gra-
dine, grad, stari grad benannt.
Schon aus der Ferne erkennt
man einen Kastellier an seiner ab¬
geplatteten Kuppe, die ihm die cha¬
rakteristische Silhouette eines Tafel-
berges gibt. An Ort und Stelle ver-
rät sich die Stätte einstiger Besied¬
lung durch die mehr oder weniger
sichtbaren Überreste von Um Wal-
lungen, die aus Steinmauer werk
und anderen fortifikatorischen Her¬
stellungen bestehen; oftmals ter-
rassiert sich ein Kastellier durch
die Anlage konzentrischer Ringwälle, die den Ab-
hang umlaufen. Die schwarzen Kulturschichten,
die auf dem Kastellier aus der Zersetzung orga-
nischer Substanzen entstanden sind, geben be-
sonders im südlichen Istrien im Gegensatz zu der
überall vorkommenden Terra rossa oft ein füh-
rendes Merkmal ab. Hier fallen dann weiter die
großen Mengen von Scherben auf, mit denen
mancher Kastellier buchstäblich übersät ist. Wo
man bisher im Boden dieser altistrischen Besied-
lungsplätze und ihrer Nekropolen gegraben hat,
dort ergab sich ein reichhaltiges Inventar an ver-
schiedenen Gebrauchsgegenständen, die teils im
Lande selbst hergestellt erschienen, teils Import-
ware aus südlichen Kulturgebieten darstellten. Die
wichtigsten diesbezüglichen Forschungsresultate ver-

knüpfen sich mit den Grabungen, die vor Jahren
in dem Boden der Nekropolen am Fuße der Piz-
zughihügel bei Parenzo vorgenommen wurden,
ferner mit der Durchforschung der Kastellieri von
Vermo, Villanuova am Quietotale und der älteren
Schichten im Trümmerfelde des römischen Nesactium,
jener oft genannten Station der östlichen Küsten-
straße Istriens, von Pola nach Tersato.1)
Bisher konnten im österreichischen Küsten-
lande an die 400 Kastellieranlagen festgestellt
werden, die sich zumeist über Halbinsel und die
benachbarten Inseln Istriens hin verteilen.
Die nächste Umgebung Polas kennt mehrere
recht typische Kastellieranlagen. Nicht weit von

der Bucht Zonchi des Vorhafens von Pola erhebt
sich der Kastellier Monte Maestä, eine weitere
kleine ähnliche Anlage liegt bei Stignano. Die
Ureinwohner Istriens haben auch die nahe Insel
Brioni aufgesucht und dort auf Monte Castellier,
der im Hintergründe der Bucht Katena sich erhebt,
einen sichern Wohnplatz gefunden. Während sich
hier die Spuren der vorrömischen Zeit mit den
Überresten mischen, die uns die römische Kultur-
epoche zurückgelassen hat, sehen wir in dem
Kastellier von Vindian im innersten Winkel des
Kanals von Veruda eine in größerem Maßstabe
angelegte Befestigungsanlage, die in den Tagen
p Gnirs, Das Gebiet der Halbinsel Istrien in der an-
tiken Überlieferung- (Programm der Marine-Unterrealschule
in Pola 1902, 22. S.).


Fig. 55 Der Monte Castellier auf Brioni Grande
 
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