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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Editor]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

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Gnirs, Anton: Eine vorrömische Nekropole innerhalb der Mauern des antiken Pola
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https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0045
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A. Gnirs Eine vorrömische Nekropole innerhalb der Mauern des antiken Pola



wurden abg-ehoben, und unter ihnen lagen, teil-
weise schon auf dem gewachsenen Felsen ruhend,
kleine Steinkisten mit Graburnen, die verbrannte
Knochenreste enthielten.
Durch die Aufdeckung dieser Nekropole ist
weiteres reiches Fundmaterial zu Tage gebracht
worden. Der Ungunst der herrschenden Verhält-
nisse ist es zuzuschreiben, daß manches Fundstück
verloren gegangen und vieles vernichtet worden
ist. Durch seine Amtstätigkeit gebunden, konnte
der Verfasser leider nicht ununterbrochen die Fund-
stätte überwachen; dann hat Regenwetter manche
Arbeit in der Baugrube unmöglich gemacht. Dazu
kam, daß der Unternehmer die Erdbewegung mit
größter Beschleunigung- durchgeführt wissen wollte,
und daß die Arbeiter in dem Glauben, einen großen
Schatz finden zu können, in unbewachten Augen-
blicken Gräber öffneten und dann rasch die Spuren
dieser ihnen verbotenen Tätigkeit verwischten.
Immerhin ist es gelungen, auf dem verhältnismäßig
kleinen Raum nicht weniger als 150 Gräber zu
öffnen und eine Reihe wichtig-er Fundumstände
und Beobachtungen festzustellen.
Nach Abschluß der Arbeiten ergab die Fund-
karte folgendes Bild: Ungefähr 3 w von der inneren
Seite der Stadtmauer entfernt wurde in einer
Breite von etwas mehr als 1 m der Mauerzug an-
getroffen, der gegen Ost die Schichten des
Kjökken-mödding abschloß. Das Mauerwerk zeigt
zwei gleichlaufende Züge, die trocken aus Bruch-
stein aufgemauert sind. Der Raum zwischen ihnen
war mit faustgroßen Steinen ausgefüllt. Zwischen
dieser Mauer und dem Zuge der mittelalterlichen
Stadtbefestigung- wurden zwei Tumuli abgegraben.
Dieselben sind aus reiner Terra rossa aufgeführt
und tragen auf ihrem Scheitel einen kleinen Stein-
kegel, während ihre Abhänge mit kleinen flachen
Steinen belegt sind. An der Peripherie des größeren
Tumulus T wurden zwei Steinkisten g-eöffnet; die
eine scheint bei der Errichtung der Stadtmauer
angetroffen worden zu sein; dabei wurde ihr Grab-
gefäß in kleine Stücke zertrümmert, mit denen
sich bei ihrem sehr schlechten Erhaltungszustand
nichts anfangen ließ. Die andere Steinkiste war
unberührt und enthielt eine schön verzierte Urne
mit Leichenbrand ohne Beigaben.
Weitere Funde wurden bei der Abgrabung
der Tumuli nicht gemacht.

Die Untersuchung des Kjökken-mödding ergab,
daß er allmählich durch Ablagerung organischer
Abfallstoffe, von Holzkohlen und Aschenresten, die
alte Feuerstellen kennzeichnen, sowie durch zu-
getragene Steine zu einer Höhe von durchschnittlich
2 m angewachsen ist. Wie die geführten Boden-
schnitte erkennen ließen, bildeten die Abfallstoffe
kleine Hügel, die sich über den Grabstellen der
Nekropole gebildet hatten. Die zwischen den Er-
hebungen sich bildenden Mulden füllten sich
später mit einem gleichen Material aus. Das Aus-
breitungsgebiet dieses Kjökken-mödding scheint
nicht gering zu sein. Er erstreckt sich, von der
antiken Weganlage der Porta Ercole überschritten,
gegen das Hafengestade herab bis in die Nähe
der Piazza S. Giovanni. Gegen Süden zu konnten
diese vorrömischen Kulturschichten bis unter das
Haus Nr. 19 des Viale Carrara verfolgt werden,
dürften aber kaum dort ihren Abschluß haben.
Wie weit der Kjökken-mödding und die mit ihm
im Zusammenhang stehende Nekropole auf den
Abhang des alten Kastelliers, des jetzigen Kastell-
hüg-els, hinauf sich erstreckte, konnte noch nicht
festg-estellt werden.
So ziemlich in der Mitte der Baugrube erhob
sich in den Schichten des großen Abfallhaufens
ein eigentümliches Bauwerk, das gleicher Zeit
mit der Nekropole zuzuweisen ist. Vier aus Bruch-
stein ohne Mörtelverbindung aufgeführte Wände
bilden eine Kammer mit der Grundfläche von
i-2 m X 2 m und einer Tiefe von etwas mehr als
ix/2 m. Ihre Längsachse war meridional orientiert.
Es ist anzunehmen, daß dieser Bau als Grab-
kammer dienen sollte,1) die aber schon in römischer
Zeit ihres Inhaltes beraubt wurde. Dafür spricht
auch, daß sie bei ihrer Aufdeckung mit dem Material
ausgefüllt angetroffen wurde, welches die darüber
liegende römische Kulturschicht bildet.
Im Fundinventar der Küchenabfallschichten
fehlt die Bronze, abgesehen von zwei kleinen Stücken
Brucherz. Desto zahlreicher sind Bruchstücke ein-
heimischer wie importierter Töpferware, dann Arte-
fakte aus Bein, Hirschhorn und Stein aufgelesen
i) Die Grabkammern der vorrömischen Nekropole in
Nesactium sind etwas kleiner; eine, die im Museo civico
zu Pola zur Aufstellung gelangte, zeigt eine Grundfläche
von P35 «X 0'7 m. Vgl. Sticotti Atti e memorie della
societä istriana XVIII (1901) 139 ff.

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