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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

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Weixlgärtner, Arpad: Johann Bergl
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https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0194
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A. Weixt.gärtner Johann Bergl

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Fig. 239 Partie des Deckenbildes im Augustinersaal der k. k. Hofbibliothek

jugendlichen Zuhörern, deren einer mit ihm zu
disputieren scheint. Die zweite Frauengestalt hält
in der Rechten eine Tafel, auf der ein Flaschenzug
und geometrische Figuren gezeichnet sind, und
ein Winkelmaß und blickt auf ein geflügeltes Weib
hinab, das ihr, dem Beschauer den Rücken zuwendend,
ein Uhrwerk darreicht. Links winden zwei Arbeiter,
anscheinend auf Geheiß eines vornehmen Mannes
mit großem Hut und Spazierstock, mittels eines
Flaschenzuges ein Kanonenrohr empor. Neben
ihnen sind eine Zahnstangenwinde, die Spindel einer
gewöhnlichen Winde und ein mächtiges Zahnrad
zu sehen. Hinter der Frau mit dem Merkurstab
ragt eine gewundene Steinsäule empor, in deren
Einschnürungen sich goldenes Lorbeergezweige
hinanwindet.1) Über das Kapitäl der Säule sind
die schweren Falten eines Prachtstoffes geschlagen.
Links ober dem Reliefporträt schweben zwei Putti,
deren einer Feder und Zirkel trägt. Es ist augen-
scheinlich, daß wir hier eine Verherrlichung der
Redekunst und der Kunst der Mechanik vor uns
b Dieselben Säulen kommen auf den Dreieichener Fres-
ken und zu wiederholten Malen in Pozzos Perspektive vor.

haben, zweier Künste, deren sich das Kloster, das
in Abraham a S. Clara einen der berühmtesten
Kanzelredner und in David a S. Cajetano einen
namhaften Mechaniker zu den Seinen zählte, mit
Recht rühmen mochte.
Dieser Komposition gegenüber, anstoßend an
die Darstellung der Philosophie, schwebt eine
weibliche Flügelgestalt, eine Posaune in der Hand,
und darunter ein Putto mit Büchern.
An der Schmalwand, knapp unter dem Plafond,
steht zu lesen: Codices certa hora petantur. S.P. Aug.
in Reg. Unter diesen Worten ist die Künstlersigna-
tur angebracht: J. Bergl pinxit anno 1775.
Den Widerspruch, in dem dieses Datum mit dem
im Protocollum, das ja bereits mit dem Jahre 1774
schließt, mitgeteilten steht, vermag ich nicht mit
Sicherheit zu lösen, doch sei hier einer Vermutung
Raum gegeben. Der Parnaß und die vier Fakul-
täten bilden, wie wir aus der analogen Darstellung
in der Melker Bibliothek wissen, eine in sich ge-
schlossene Einheit. Es ist auffällig, daß die beiden
Künste der Beredsamkeit und der Mechanik ge-
sondert von der Gruppe der Künste auf der Dar-
 
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