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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 1.1886

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Kroker, Ernst: Die Dipylonvasen
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https://doi.org/10.11588/diglit.29675#0139

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Kroker, Die Dipylonvasen.

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derartigen Bildern Geschmack fanden. Es ist bekannt, dafs Solon es für nötliig
hielt, den Begräbnisprunk in Athen einzuschränken122. Es ist ferner bekannt, dafs
wir auf schwarzfigurigen Gefäfsen nur selten die Leichenbestattung selbst dargestellt
finden. Eine Ausnahme hiervon machen attische schwarzfigurige Vasen123 und |n
Athen gefundene Thontafeln, welche mit Malereien derselben Technik ge-
schmückt sind124.

Ich halte dies für kein zufälliges Zusammentreffen. Vielmehr erkenne ich
in den Bestattungsscenen der Dipylonvasen, in dem Verbote des Solon und in den
Protheseis der schwarzfigurigen attischen Gefäfse aufeinanderfolgende Akte der
attischen Kulturgeschichte, welche uns zugleich eine vortreffliche Probe daftir
bieten, dafs wir die Heimat der Dipylonvasen dritter Klasse mit Recht in Attika
gesucht haben. Die riesigen Gefäfse verdeutlichen uns recht gut die übertriebene
Pracht eines Leichenbegängnisses in dem Athen des 7. Jahrhunderts: zahlreiche
Scharen von Ivlageweibern umgeben die Bahre des Toten; in ihren Gespannen sind
clie vornehmen Verwandten und Freunde herzugekommen, wie sie noch später in
clen Festzügen der Landesgöttin erschienen; und vielleicht stimmen jene Männer vor
den Rossen des Leichenwagens eben den Threnos an, den Solon verbot. Auch
clas Schmücken der Bahre mit Zweigen ist eine attische Sitte.

Die attischen schwarzfigurigen Vasen sind nicht nur zeitlich die Nachfolger
cler Dipylonvasen; sie sind es in dieser ITinsicht auch inhaltlich. Es ist vielleicht
nicht unwichtig gewesen ftir die weitere Entwicklung und es ist sicher bezeichnend
für die »frömmsten« unter allen Hellenen, dafs sie bereits in ihren ältesten Kunst-
werken die ernstesten Begebenheiten cles Menschenlebens in genrehaften Scenen
darzustellen wagen.

E. Kroker.

m) Vgl. z. B. Duncker »Gesch. des Altertums« VIS
S. 207 fr.

123) Hirschfeld Ann. dell’ Inst. 1872 p. 167.

124) Furtwängler »Berliner Vasenkatalog« I. n. 1811 ff.,

p. 315 fr. — In korinthischen Vasen desselben
Gegenstandes dtirfen wir einen Einflufs Attika’s
annehmen.
 
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