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Pernice, Türgriff mit Verschlußvorrichtung aus Boscoreale.

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αύτίκ’ άρ ή γ’ ιμάντα θοώς άπέλυσε κορώνης·
έν δέ κλήιδ’ ήκε, θυρεών δ’ άνέκοπτεν δχήας
άντα τιτυσκομένη

Diels hält es für möglich (S. 138), daß hier ein Doppelriegel gemeint ist
(δχηας) und gibt auch eine sinnreiche, wenngleich etwas komplizierte Konstruktion
dafür. Wahrscheinlicher aber scheint ihm die Erklärung, daß Penelope mit dem
Schlüssel zweimal hintereinander nach oben und nach unten je einen Riegel zurück-
stieß und er findet die Bestätigung dafür in dem Umstand, daß, während alle übrigen
Tätigkeiten des Schließens φ 42ff. durch den Aorist ausgedrückt werden, ohne Vers-
not bei dem Zurückstoßen des Riegels das Imperfektum άνέκοπτεν δχήας stehe. Bei
der beispiellosen Genauigkeit, mit der der Dichter das Öffnen der Tür beschreibt,
halte ich es für nicht wahrscheinlich, daß das zweimalige Stoßen nach den beiden
Riegeln nur durch das Imperfektum ausgedrückt sein sollte und nicht vielmehr et-
was wie δις τιτυςκομένη hätte gesagt werden müssen. Auch wenn statt δχηας δχήα
im Text stände, wie zweimal am Versschluß in der Beschreibung des Schiffskampfes,
würde das Imperfektum am Platze sein, da das Einführen und Umwenden des
großen Schlüssels stets eine gewisse Zeit erfordert haben muß. Daher glaube ich,
daß hier unter δχήας ein Doppelriegel zu verstehen ist. Man gewinnt ihn am ein-
fachsten, wenn man die beiden Widerlager für den Anstoß des Schlüssels (Diels
S. 140 Abb. 30) miteinander verbindet. Dann entsteht ein Riegel von der Form
eines I, der, abgesehen von den Verlängerungen nach rechts, die als Auflager für
die Krempen erforderlich sind, dem pompejanischen Türriegel genau entspricht, nur
daß er nicht auf und ab, sondern nach links und rechts bewegt wird. Jedenfalls ist
der Riegel, wenn er groß genug ist, beim Stoß nicht zu verfehlen10.

Greifswald.

Erich Pernice.

10) Ich benutze die Gelegenheit, um eine interessante,
bisher nicht herangezogene Stelle aus Apulejus
Metamorphosen IV c. X nachzutragen, die für Bö-
otien den Gebrauch des homerischen Schlüssels
in später Zeit erweist. Dort ist von dem Tod
des Räuberhauptmanns Lamachus die Rede: »tune
ilaque sublimis ille vexillarius noster Lamachus,
spectatae virtutis suae fiducia, qua clavi immittendae
foramen patebat, sensim inmissa manu, claustrum
evellere gestiebat«. Er will heimlich und leise die

Tür durch Wegschieben des Riegels öffnen. Da
greift von innen der wachsame Chryseros zu
und nagelt ihm die Hand an die Tür, so daß
die übrigen Räuber, um L. zu retten, ihm den
Arm an der Schulter abschneiden müssen. Wenn
L. mit der Hand und dem Arm in das Schlüssel-
loch kann, dann kann hier schwerlich etwas
anderes als der große altmodische Verschluß
mit dem Tempelschlüssel gemeint sein.
 
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