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Loeschcke, Zur Datierung des Hermes des Alkamenes.

sperrt. Vielmehr wendete man sich 447 der Ausführung des Parthenon zu, und
erst nachdem 438 dieser unter Dach und Fach stand, schloß man von 437 ab die
westliche Lücke im Mauerring mit dem Festtor des Mnesikles.
Die unmittelbare Veranlassung vorstehende Erwägungen über die Bau-
geschichte der Propyläen den Fachgenossen zur Prüfung vorzulegen, bot die glänzende
Entdeckung, die letzthin unserem athenischen Institut in Pergamon gelungen ist, die
Auffindung des Hermes des Alkamenes in römischer Kopie.
A. Conze hat den Hermes in den Sitz.-Ber. d. Berliner Akad. 1904, S. 69fr.
veröffentlicht. Nach der dort gegebenen Tafel ist die Abbildung wiederholt im
Anzeiger dieses Heftes S. 76. Auf der Vorderseite steht zu unterst der Weisen-
spruch γνώ&ι σαυτόν. Darüber in vier Zeilen das Epigramm:
Ειδήσεις Άλκαμένεος περικαλλές άγαλμα,
'Έρμάν τον προ πυλών· εΐσατο Περγάμιος.
Conze hat einleuchtend ausgesprochen, daß der Hermes, der hier κατ’ εξοχήν
als »vor den Toren« stehend genannt ist, »kein anderer sein kann, als der in Athen,
ον Προπύλαιον δνομάζουσι, wie Pausanias sagt (I, 22, 8: κατά δέ τήν έσοδον αυτήν τήν ές
άκρόπολιν Έρμήν, δν Προπύλαιον δνομάζουσι, και Χάριτας Σωκράτην ποιήσαι τον Σωφρονισκου
λέγουσι)«2. Wann ist dieser Hermes errichtet worden? Es wird sich empfehlen, den
Versuch kunstgeschichtlicher Einordnung dieses ersten gesicherten Werkes des
Alkamenes zu verschieben, bis Abgüsse vorliegen. Aber soviel kann man schon
jetzt sagen, daß auch abgesehen von dem archaisierenden Hauch, der infolge der
tektonischen Form über dem Werk liegt, es überraschend altertümlich anmutet für
einen Schüler und Erben des Phidias. Es scheint den Olympiaskulpturen näher zu
stehen als den Parthenonskulpturen, dem blonden Jünglingskopf von der Akropolis
mehr verwandt zu sein als der Athena Lemnia. Wie ein jüngerer Bruder der
mittleren Charis auf dem benachbarten Sokratesrelief schaut der Hermes uns an, und
die Bildung seines Barts hat Analogien in den Bärten der Kentauren im Westgiebel
des olympischen Zeustempels. Je früher man ihn innerhalb der Bauzeit der Propy-
läen datieren kann, um so verständlicher wird er.
Um die Mitte des Jahrhunderts, das haben wir oben gesehen, war die Um-
gestaltung des Westabhangs so weit fertiggestellt, daß man wieder an den Schmuck
des Aufgangs denken konnte und den Dioskurenstatuen des Lykios ihren bevor-
zugten Platz anwies. Es scheint mir antikem Empfinden zu entsprechen, daß man,
sobald wie möglich, spätestens aber den Dioskuren gleichzeitig, dem torhütenden
Gott schlechthin ein würdiges Bild aufstellte, vielleicht gerade, weil die Lücke in
der Mitte noch klaffte, die Tore gewissermaßen offen standen. Unmittelbar nach
450 möchte ich also — ganz abgesehen von stilistischen Gründen — den Hermes

2) Natürlich konnte das von Alkamenes geschaffene
Hermesbild aber auch an anderen Orten als προ
πυλών verwendet werden. So scheint Kephisodot,
Alkamenes damit nach antiker Weise ehrerbietig

»citierend«, es seinem »Hermes mit dem Dionysos-
kind« (Klein, Praxiteles S. 404. Amelung, Rom
S. 434) zur Stütze gegeben zu haben: die Szene
spielt sich unterwegs, auf der Landstraße ab.
 
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