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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 22.1907

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Studniczka, Franz: Zum delphischen Wagenlenker
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https://doi.org/10.11588/diglit.44282#0144
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F. Studniczka, Zum delphischen Wagenlenker.


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sehe Münzen und attische Vasen der Zeit aufweisen (Kalamis, Abhandlungen der
sächsischen Gesellschaft XXV, 4, 99). Und gegen Duhns scharfsinnig ausgedachte
Vermutung über die Stifter erheben sich entscheidende Bedenken, die Furtwängler
alsbald darlegte (Sitzungsberichte der bayerischen Akademie 1907, 157).
Furtwängler selbst bezeugte Neigung, sich Svoronos anzuschließen, wie ich
eben in meinem Kalamis getan hatte. Doch kam er (159) nicht hinweg über die
schon von Homolle (Monuments Piot IV 171) geltend gemachte Schwierigkeit,
daß Pausanias statt des nach Svoronos wiedergefundenen, zügelhaltenden Battos
vielmehr die Kyrene als ηνίοχος του άρματος bezeichnet. Diesen Einwand zu beseitigen
unternahm jüngst Robert mit Hilfe der Annahme, der Perieget habe den langbekleideten
Wagenlenker für die Stadtgöttin genommen (Göttinger gelehrte Nachrichten 1907, 2).
Nun beging zwar Pausanias 5, 10, 7 in seiner Beschreibung des olympischen Ost-
giebels das umgekehrte Versehen, indem er die vor dem Gespann rechts kniende
Dienerin, die Hippodameias Schuhe befestigt haben wird, für einen ηνίοχος erklärt.
Aber es ist doch noch etwas anderes, einen auf niedriger Basis und nicht hohem
Wagen stehenden Jüngling mit ausgeprägtem Backenflaum und sehr kurzem Haar
in dem allbekannten Rennkleid für ein Mädchen zu halten. Wäre die Identifikation
nur um solchen Preis feil, dann dürften ihr wenige Vertrauen schenken.
Zum Glücke beruht diese ganze Schwierigkeit auf einem naheliegenden Miß-
verständnis der Beschreibung, das früher auch ich teilte (Roschers Lexikon II 1731),
neuerdings aber gleich anderen — ich weiß es von Amelung — überwand, noch
bevor ich die eingehende Darlegung von Svoronos gelesen hatte (Athener National-
museum 132). Da sie von Furtwängler und Robert unbeachtet geblieben
ist, scheint es mir nützlich, die Sache nochmals, mit Vermeidung einiger Mißgriffe
des griechischen Forschers und etwas vollständiger darzulegen.
Pausanias 10, 15, 5 beschreibt das kyrenäische Weihgeschenk wie folgt:
Κυρηναΐδι δέ ανέθεσαν έν Δελφοΐς Βάττον έπι αρματι, δς ές Λιβύην ήγαγε σφάς ναυσ'ιν έζ
Θήρας, ηνίοχος μεν του άρματός έστι Κυρήνη, έπι δέ τώ άρματι Βάττος τε και Λιβύη στεφα-
νουσά έστιν αυτόν, έποίησε δέ Άμφιων Άζέστορος Κνώσσιος. Wie hier ηνίοχος μέν . . .
Κυρήνη und έπι δέ τω αρματι Βάττος einander gegenübergestellt ist, das besagt un-
zweideutig, daß die Stadtgöttin, obwohl die Pferde am Zügel führend, doch neben
ihnen auf dem Boden stand, wie die ηνίοχοι der beiden Reitpferde im Weihgeschenk
des Phormis bei demselben Schriftsteller 5, 27, 2.
Der leichtgebaute helladische Rennwagen bot eben nur zwei Personen Raum.
In der Entführung der Leukippiden auf der Meidiasvase hat Polydeukes keinen
Wagenlenker und der des Kastor, Chrysippos, ist, wie sein rechter Fuß zeigt, im
Begriff abzusteigen, um dem Paare Platz zu machen (Furtwängler und Reichhold,
Vasenmalerei Taf. 8, S. 41). Nur ganz ausnahmsweise steigt in griechischen Bild-
werken eine dritte Person mit auf, so Myrtilos neben Pelops und Hippodameia auf
der unteritalischen Vase Berlin 3072 und Perithoos neben Theseus und Helena auf
dem homerischen Becher im 50. Berliner Winckelmannsprogramm S. 46, zudem
beidemal auf schwereren Wagen von orientalisch - ionischem Typus. So etwas
kommt für das feierliche Kyrenäerweihgeschenk nicht in Betracht. Dort war der
 
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