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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 22.1907

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Studniczka, Franz: Zum delphischen Wagenlenker
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https://doi.org/10.11588/diglit.44282#0150
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F. Studniczka, Zum delphischen Wagenlenker.

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den Schüler des ebenso unbekannten Kerkyräers Ptolichos, eines Schülers des
bekannteren Kritios erklärte (Pausanias 6, 3, 5). Auf was für Zeugnisse sich diese
noch weiter fortgeführte Diadochie und ihresgleichen gründete, das liegt im Dunkel.
Aber wir dürfen sie darum nicht einfach wegwerfen, obgleich oder vielleicht ge-
rade weil sie, in die gewöhnliche Generationenrechnung umgesetzt, dem Stile des
Wagenlenkers übel entspricht. Sehen wir doch täglich mit eigenen Augen und können
es zum Teil auch noch im Altertum, namentlich in den Philosophenschulen, er-
kennen, wie nahe unter Umständen die Schaffenszeit eines Lehrers und seiner
Schüler wie Enkelschüler zusammenrücken kann (Kalamis S. 100).
So beurteilen das Problem jetzt auch Furtwängler und Robert und führen
zugunsten der Urheberschaft Amphions am Wagenlenker die anerkannte, aber etwas
übertriebene Verwandtschaft seines Kopfes mit dem des Harmodios an. Sehr aus-
führlich erörtert hat diese und andere Beziehungen vor kurzem Lermann (Alt-
griechische Plastik l50ff). Darum möchte ich mich in Worten möglichst kurz
fassen und lieber in der Beilage eine Zusammenstellung gleichartiger Photographien
nach Gipsen sprechen lassen. Sie sind zu diesem Zweck im Dresdener Albertinum
mit gewohnter Hilfsbereitschaft hergestellt worden. Neben dem Tyrannenmörder
und Wagenlenker erscheint noch die Athena des äginetischen Ostgiebels und der
gegenständlich gut vergleichbare Anadumenoskopf Capranesi des British Museum,
den ich schon in einigen Abgußsammlungen zum Wagenlenker gestellt fand
(Nr. 1780 im Katalog von A. H. Smith; Klein, Kunstgeschichte II 17). Die Hinzu-
fügung des letzteren will namentlich zeigen, um wie viel näher der Bronzekopf,
gemäß dem hier vertretenen Zeitansatz gegen 460, schon der ernsten, selbstbewußten
Vornehmheit der ersten Blütezeit kommt, als das Werk des Kritios und Nesiotes mit
seinem kräftigen Rest archaisch befangener Einfalt. Und im Gegensätze zu seinen
mehr »ionischen«, fleischigeren Formen scheinen mir die knappen straffen des
Rosselenkers nach oben eher an Typen wie den äginetischen Athenakopf anzu-
knüpfen. Dies und anderes hatte mich seit Jahren zu der inzwischen von Lechat,
Pythagoras 101 und Lermann 156 ausgesprochenen Zuweisung der delphischen
Statue an einen der äginetischen Meister von Viergespannen, Onatas oder Glaukias,
geführt, freilich noch unter dem Einfluß der Meinung, auch das delphische Weih-
geschenk sei von den Deinomeniden, den treuen Gönnern der Aegineten, errichtet
worden (S. 133). Immerhin rückt mir diese Verwandtschaft auch jetzt den Lenker vom
»ionisch-attischen Kreis« etwas ab. Noch günstiger wäre der Urheberschaft eines
Kreters der wohl nicht ganz unbegründete Vergleich Lermanns (155) mit dem
natürlich wesentlich spätem Perikieskopf des Kresilas. Doch wir wissen zu wenig,
um so dünnen Fäden viel zu trauen.
Hoffentlich bringt weitere Nachprüfung der Tatsachen in Delphi die An-
nahme von Svoronos zu noch höherer Wahrscheinlichkeit, wenn nicht gar zu der
uns so selten erreichbaren Gewißheit.
Während der Korrektur kann noch hingewiesen werden auf Amelungs Artikel
Amphion in dem von Ulrich Thieme und Felix Becker herausgegebenen Allgemeinen
Lexikon der bildenden Künstler (I 422). Er scheint den Wagenlenker als Battos
 
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