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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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Ostini, Fritz von: Die Münchener Jahresausstellung im Glaspalast 1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.12155#0011

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richard müller

Mänchener Jahresausstellung 1906

reiher (zeichnunng)

DIE MUNCHENER JAHRESAUSSTELLUNG
IM GLASPALAST 1906

Von F. v. Ostini

Mehr noch, als die vorjährige, ist die heu-
rige Glaspalastausstellung ein höchst be-
redtes Plaidoyer für eine Reform unseres Aus-
stellungswesens. Man muß gerecht sein und er-
kennen, daß die Münchener Künstlergenossen-
schaft als Veranstalterin dieser im ganzen nicht
eben erquicklichen Kunstschau mit Schwierig-
keiten kämpft, unter einem Ballast leidet, wie
keine andere Korporation. Die Schwierigkeit
ist eine ungeheure Mitgliederzahl, der Ballast
liegt in einer Unmasse ersessener Vorrechte
von solchen Mitgliedern, die das Ausstellen
im Glaspalast als eine Verkaufsgelegenheit
sich nicht nehmen lassen, ohne sich dafür
auch entsprechend anstrengen zu wollen. Die
immer miserabler werdenden Beleuchtungs-
verhältnisse des Glaspalastes tun dann noch
ein übriges. Es gibt heuer eine ganze Reihe
von solchen Sälen, in denen kaum eine „Num-
mer" auch nur flüchtigen Besuch lohnt. Die
„Retrospektive", die von andererSeite eingehen-
der gewürdigt werden soll, die „Ausstellung
der Scholle", die schon gewürdigt ist und die
ersten Säle der Luitpoldgruppe bilden Licht-
blicke in jenem allgemeinen Düster — in den
anderen Räumen muß man sich das Gute schon
suchen und oft recht mühsam.

Die Perle jener Säle, die unter der Aegide
der Genossenschaft stehen, ist wohl ein

etwas später zur Ausstellung gekommener
„Frühlingsabend" von Böcklin, mit einem
Flöte blasenden Pan und zwei lauschenden
Nymphen, ein Bild, dessen weiche dunkle
Spätabendstimmung von hinreißender Poesie
verklärt ist und das auch der Malerei nach
— man sehe nur den prachtvollen Akt der
einen Nymphe an! — zu den Meisterwerken
aus Böcklins höchster Reifezeit gehört (Abb.
s. K. f. A. XXL, S. 337). Der „Frühlingsabend" ist
um 1879 entstanden. Eine große Ausstellung
mit ihrem Gewirr von vielen und verschieden-
artigen Erscheinungen ist freilich nie eine
günstige Umgebung für einen Böcklin, der
auch von schlecht gemalten und brutalen
Sachen, wenn sie nur modern — farbig sind,
leicht totgeschlagen wird. Es ist beispielsweise
spottleicht, nach beliebter Manier ihn so auf-
zustellen, „daß man sieht, wie schlecht der
Kerl malte". In der Nähe hängen eine Menge
Bilder, die seiner Wirkung auch hier weh
tun, so die ein wenig trocken, aber gar nicht
uninteressant gemalte Episode aus der Schlacht
bei Leipzig von Walter Syrutschöck, das
figurenreiche, recht gleichgültig lassende „In
der Kirche" von Lad. v. Hegedüs — auch
eins von den Motiven, die nicht tot zu kriegen
sind! — G. H. F. Bell's lebendiges Bildnis
eines Pariser Studenten (in höheren Seme-

Die Kunst für Alle XXII. i. i. Oktober 1906.

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