Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

DOI Artikel:
Hildebrand, Adolf von: Über das Konkurrenzwesen bei künstlerischen Wettbewerben
DOI Artikel:
Ausstellung Stuttgarter Künstler
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12155#0447

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
-*=Sg5> AUSSTELLUNG STUTTGARTER KÜNSTLER <^s-

vor dem fertigen Werk; denn da steht die reale in München werden jetzt die Wettbewerbe künst-
Wirkung vor Augen, nicht aber über eine Vorarbeit, lerisch so ernsthaft behandelt, wie wohl nirgends
die sozusagen wie eine Partitur nur vom Fachmann sonst, und mit der Zeit wird man einsehen, daß auf
richtig aufgefaßt werden kann. diese Weise der Kunst und ihrer Entwicklung mehr

Als sich nun kürzlich eine solche Mißstimmung gedient ist, als dadurch, daß man persönliche Rück-
über den Ausfall der Konkurrenzen Luft machte, sichten obenan stellt, indem man jeden zu Wort
zeigte sich deutlich die vollständige Unkenntnis und kommen lassen will, nur damit alle vertreten sind
die vollständige Mißdeutung der wirklich entschei- und der Vorwurf der sogenannten Parteilichkeit ver-
denden Gründe. Es erklärt sich so, daß man für mieden wird,
das Unverständliche am Urteil der Preisrichter nach

Motiven suchte, die gar nichts mit der Sache zutun AI1QCTPI T flMf" CTIlTTr i DTPP

hatten und daß man dabei gründlich daneben gehauen AU551 CLLUlNü 5> 1 U 1 1 UAK 1 CK

hat. Nicht die Subjektivität, noch die Kunstrichtung KÜNSTLERI

ist an diesem Urteil schuld, sondern gerade die

Objektivität, mit der der künstlerische Zweck der A/olle fünf Jahre hat es gedauert, bis es wieder
Wettbewerbe im Auge behalten wird. Diese ruft so einmal gelang, alle unsere namhaften, in Stutt-

manche Unzufriedenheit hervor, weil das bisher üb- gart lebenden und schaffenden Künstler in einer Aus-
lich gewesene Verfahren aufgehört hat und weil ein Stellung zu vereinigen. Und wie damals, bei Gele-
noch so talentvoller Entwurf nicht durchkommt, genheit jener auch an dieser Stelle besprochenen
wenn er nicht für die Situation paßt. Gerade hier Jubiläums-Ausstellung des Württembergischen Kunst-
vereins anno 1902, ist es auch diesmal wieder
der verdiente Vorstand dieses Vereins,
Herr Professor Stier, der dies Wunder zu-
stande gebracht hat. Ihr kunstpolitisches Par-
teigepäck haben sie freilich draußen vor dem
Tore abgeben müssen, alle diese Künstler-
bündler, Kunstgenossenschaftler und wie sie
sonst noch heißen mögen, die recht zahlrei-
chen Künstlergruppen unsererStadt; Professor
Stier lud keine Gruppen ein, sondern nur ein-
zelne, denn nur auf diese Weise konnte es
gelingen, die oft recht widerstrebenden Ele-
mente auf dem neutralen Boden seines Kunst-
vereins zu gemeinsamer Tat zu vereinigen.
Er hat auch keinen namhaften Künstler un-
serer Stadt vergessen; fast alle Professoren
der Akademie sind vertreten und desgleichen
die übrigen hervorragenden Künstler unserer
Stadt, so daß diese iAusstellung Stuttgarter
Künstlern ein ähnlich umfassendes Bild von
dem Kunstschaffen Stuttgarts gibt, wie jene
Jubiläums-Ausstellung vor 5 Jahren.

Die Ausstellung bringt sogar eine Sensa-
tion, denn als eine solche darf man wohl das
große Bild »Heilige Nacht' unseres >Eisen-
bahnmalers« Hermann Pleuer betrachten.
Auch jene große, den Münchenern wohlbe-
kannte Kollektiv-Ausstellung Pleuers in der
Frühjahr-Ausstellung der Münchener Seces-
sion 1906 hat leider ein ähnliches Bild, sein
>Amen-, das seinerzeit ob seines vom Schim-
mer der Kerzen so wundersam umspielten
Weibes das Interesse von Böcklin in hohem
Maße erregte, nicht gezeigt. Es ist also nicht
zum ersten Male, daß Pleuer solche Wege
geht. Freilich, noch mehr als der Meister
alles seelischen Ausdrucks, F. v. Uhde, es vor
kurzem (in Velhagen & Klasings Monats-
heften) getan, darf Pleuer von sich sagen, daß
es sich bei seinem religiösen Bilde nur um
ein malerisches Problem gehandelt hat. Und
wenn Uhde des weiteren ausführt: >lch wollte
die Dinge aus dem Dunkel erlösen. Wie Rem-
brandt alles, was er anfaßte, durch Licht ver-
geistigte. Jetzt müht man sich ja wohl von
der entgegengesetzten Seite her, das Problem
zu lösen, nicht vom Dunklen, sondern vom
Weißen her . . . Diese Bilder in Weiß haben
nichts mit Licht zu tun. Während Velasquez
aus der Tiefe ein kolossales Licht holte, und
Räume schuf, durchleuchtet, wie wir es nicht
rudolf Bacher h errenporträt mehr können« . ., so sind diese einzigen

Frühjahr-Ausstellung der Wiener Secession Worte für Pleuers ganze Kunstansclrauung

408
 
Annotationen