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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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Von Ausstellungen und Sammlungen - Neue Kunstliteratur - Vermischtes - Personal- und Atelier-Nachrichten
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-^gg> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <ö^>

Vorzug des Engadiner Malers begründet, den mit ihm
wenige der reinen Impressionisten teilen. Besitzt Gia-
cometti als Impressionist mit starkem dichterischen
Empfinden Kompositionskraft und schöpferische Ein-
fälle, so geht er zuweilen — nicht minder temperament-
voll — rein malerischen Untersuchungen nach, dem
künstlichen Licht im Innenraume und seinem Farben-
spiel, und den Wirkungen der Nachbarschaft gegen-
sätzlicher Farben in anderen verwickelten Beleuch-
tungsverhältnissen. Oder er studiert das ornamentale
Nebeneinander der Bäume, Flüsse, Steinlagerungen,
Wolkenbildungen, um aus diesen Gegenständen ein
zusammenhängendes natürliches dekoratives Gebilde
herauszugestalten. Hier verschwindet zuweilen viel-
leicht jede landschaftliche Vorstellung hinter dem
Ornamentalen und der Inhalt scheint Giacomettis
Naturanschauung gewaltsam untergeordnet. Die
Kühnheit, mit welcher das Problem angefaßt ist,
ersetzt dann die Unzulänglichkeit der versuchten
Lösung. Hermann Kesser

1ZÖNIGSBERG i. Pr. In Teicherts Salon haben
**■ sich zu der Kollektivausstellung von R. Kraus-
koff eine Anzahl Werke anderer einheimischer
Künstler gesellt. Ernst Bischoff-Culm zeigt vier
Bilder, die künstlerische Ausbeute des letzten Som-
mers, welche die arme und doch so reizvolle Land-
schaft der Kurischen Nehrung und deren Bewohner
schildern: Natur und Mensch in enger Verbindung
als künstlerisch gleichwertige Komponenten. Alle
vier Stücke zeigen die Menschen im Sonntagskleid
und atmen Feierstimmung. Bischoff verfügt über
eine große Sicherheit des Auges und der Hand; aber
freilich kann er nur malen, was ihm still hält, und
bleibt darum stets auf das Modell angewiesen —: die
flüchtig wechselnde Bewegung festzuhalten, scheint
ihm versagt. Die Bilder zeigen ein lebhaftes, bei-
nahe knalliges Kolorit; ihre Wirkung wird ein wenig
beeinträchtigt durch die Größe des Formats, für das
der Gegenstand nicht bedeutend und interessant genug
ist. Trotz dieser Mängel sind seine Arbeiten recht
erfreulich. Waldemar rösler, ein hoffnungsvolles
Talent unter unseren Jüngsten, sündigt durch arge
Geniepatzerei. H. Wagenbichler stellt einige zart
und poetisch empfundene Sachen (Stilleben, Land-
schaft u. a.) aus. Margarethe Osterroht, von
Hause aus Bildhauerin, leistet als solche Tüchtiges,
aber nicht eben Hervorragendes, bekundet aber ein
ungewöhnliches Talent für kunstgewerbliche Arbeiten,
für deren Ausführung sie unter den Handwerkern
am Orte geeignete Kräfte zu gewinnen verstanden
hat. Sie besitzt ein feines Verständnis für die Eigen-
art des Materials, ein noch feineres für den Reiz
der Linie und Fläche. Der Pflanzenwelt weiß sie
durch geschickte selbständige Stilisierung eine er-
staunliche Fülle köstlicher Schmuckmotive abzuge-
winnen. Hugo Witt

D UDAPEST. Auf derNachlaß-Ausstellung des kürz-
lieh verstorbenen Malers Alexander Bihari
wurde bei einigen Bildern eine gefälschte Unter-
schrift festgestellt. Bei weiterer Untersuchung ergab
sich, daß auf nicht weniger wie 281 Bildern die Sig-
natur gefälscht ist. Die Witwe Biharis erklärte alle
Bilder für echt, nur habe sie die Unterschrift auf
die Bilder gesetzt. Eine Kommission wird nun den
ganzen Nachlaß auf seine Echtheit prüfen.

DERLIN. Am 22. und 23. November versteigert
" das Kunstauktionshaus Rudolph Lepke die
Sammlung Georg Agath, Breslau, bestehend aus
kunstgewerblichen Arbeiten der Gotik und Renais-
sance.

'W/'EIMAR. Dritte Ausstellung des Deutschen
Künstlerbundes. Die Zahl der Besucher belief
sich auf ca. 17000; für hiesige Verhältnisse ein
immerhin erfreuliches Resultat. In letzter Zeit wur-
den noch für das Großherzogliche Museum für
M. 30 000.— und privatim vom Großherzog für
M. 8000.— angekauft. Dazu kommen noch die
Privatankäufe. r.

JV/IONCHEN. Eine Ausstellung englischer Meister
des 18. Jahrhunderts hat die rührige Galerie
Heinemann in München veranstaltet und wir be-
kommen dabei Werke zu sehen, wie sie in Deutsch-
land nur selten gezeigt werden. Namentlich ist
Raeburn durch wundervolle Arbeiten vertreten und
John Constable durch eine große Kollektion von
Landschaften (35 Bilder) aus verschiedenen Ent-
wicklungsstadien dieses, für die ganze moderne
Malerei so hochbedeutsamen Künstlers, der auch
durch seine Schüler, die Maler von Barbizon auf die
Münchener Meister der intimen Landschaft, die
Schleich, Lier und Ebert, beträchtlich eingewirkt
hat. Gerade in dieser Kollektion sind Bilder (wie
»Hampstead Heath«), welche jene Zusammenhänge
ganz verblüffend erkennen lassen. Ein prächtiges Werk
ist die monumentale Darstellung der >Stonehenge<,
Tinterns Abbey usw. Das bedeutendste Werk Henry
Raeburns und wohl auch die Perle der ganzen Samm-
lung ist das dreifigurige Familienbild, unendlich
liebenswürdig, bei aller Behaglichkeit vornehm und
meisterhaft in seiner leichten, flüssigen und sicheren
Malerei, seinem warmen, feinen Ton. Das Bild eines
Herrn von staatsmännischem Typus in dunklem Rock,
das koloristisch überaus feine und menschlich nicht
minderanziehende Konterfei des SirAlexanderCamp-
bell, das des Lord Douglas reihen sich würdig an.
Von Thomas Gainsborough sind ein paar schöne
Frauenbildnisse da, von denen das einer jungen Dame
mit hoher Rokokofrisur durch prickelnd delikate Ma-
lerei und feine Zeichnung hervorragt, unter den Bild-
nissen von Joshua Reynolds überrascht nament-
lich das frühe Porträt der Countess of Hyndford
durch entzückenden Reiz der Farbe. Charakteristi-
scher für seine spätere Art ist das Bild der >Robi-
netta«, doch scheint die Autorschaft nicht festgestellt.
Ungleich ist Lawrence vertreten; mitgroßerEleganz
hingeschrieben ist das Bildnis der Lady Hill, ferner
die flotte »Kinderstudie-. Ein charmanter George
Romney stellt die Herzogin von Kent in der Uni-
form ihres Mannes dar; auch das Bildnis eines Rich-
ters in rotem Talar, Sir Robert Strenge, ist eine
gute Arbeit, ebenso John Hoppners Bild eines
jungen Mädchens. Vortreffliche Landschaften sind
von David Cox und J. Crome, sogar von Turner
sind zwei, wenn auch frühe Bilder, darunter eine
höchst interessante Ansicht von Edinburgh vorhan-
den. — Im Vorräume des großen Oberlichtsaales,
der die Engländer aufnahm, wurden einige wertvolle
Gemälde französischer Meister ausgestellt. Der Kopf
einer alten Frau und das Bildnis Antonin Prousts
vom jungen Manet, eine Reihe landschaftlicher Werke
von Courbet, ein Corot von wunderbarer Ton-
schönheit und ein Blumenstück von Fantin-Latour
würden für sich allein den Besuch der Ausstellung
lohnen.

NEUE KUNSTLITERATUR

Dr. G. J. Kern, Die deutsche Jahrhun-
dert-Ausstellung. Ein Erinnerungsblatt. Mit 6 Ab-
bildungen. Berlin 1906 (Edmund Meyer). Preis M. 1.50.

Eine so bedeutsame Veranstaltung wie die Deutsche
Jahrhundert-Ausstellung in Berlin 1906 fordert be-

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