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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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Carnap, Wilhelmine von: Porträtminiaturen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12155#0342

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-S5=4^5> PORTRÄTMINIATUREN

KUB DE MIRBEL MI-I-ES DE POU RTALES

Ziehungen so elegant wie keine sonst zeigt und
hierin die großartige Allegorie eines schönen
Ideals jener Zeit abgibt: frohe Geselligkeit.

Weshalb fehlen hier die uns aus der Kunst-
geschichte sonst viel geläufigeren Namen
eminenter Maler des 18. Jahrhunderts? Aller-
dings ist da auch ein feines Bildchen Bou-
cher's „Venus mit Amor" (s. Abb. S. 320),
ein lesendes Mädchen Liotard's abgebildet
(s. S. 315), aber mit guter Begründung fehlen
weitere Miniaturen dieser und anderer beson-
ders berühmter Künstler.

Eine so wirklich feine Kunst erfordert doch
die volle Hingabe des Könnens. Die Mühe
dessen wurde schwerlich belohnt, der — wie
das allerdings manche Maler getan — nur
gelegentlich einmal auf kleinstem Räume sich
versuchte.

Oder die Beschäftigung mit der Miniatur-
malerei — machte die Künstler unfähig, etwas
Bedeutendes im großen Bilde zu leisten.

Als klassisches Beispiel dafür kann H. F.
Füger (1751 —1818) (s. Abb. geg. S. 297 und
S. 303, 306, 316, 317) gelten. Ueber Füger
hat uns Laban zuerst, und damit zum ersten
Male über einen Miniaturmaler überhaupt
gründlich unterrichtet. Der Heilbronner Füger
starb als Galeriedirektor in Wien. — Seine
großen Wandgemälde werden kaum den einst
gefeierten Namen bewahren, aber ein ganzer,
großer, unvergeßlicher deutscher Meister ist
er in seinen eleganten und lebensvollen Mi-
niaturen, von denen unser Heft eine Reihe
zeigt. Ein Engländer nannte Füger, seiner
zarten Farbe, seiner sicheren Zeichnung
wegen den „Cosway of Vienna". Sicherlich

ist er der beste deutsche Miniaturporträtist.

Ein Schüler des Akademiedirektors Füger
war Moritz Michael Daffinger (geb. Wien
1790, gest. ebenda 1849) (s. Abb. S. 315). Er
zersplitterte sein Können nicht, wie Füger,
in eine Malerei größten und solche kleinsten
Formats. Durch seinen Vater, einen Por-
zellanmaler, war er von Haus aus für die
kleinste Malerei begabt. Einige Emailmale-
reien und Porzellangemälde geben davon Zeug-
nis. Sehr hoch aber ist die Zahl seiner Mi-
niaturporträts auf Elfenbein. Er war der be-
vorzugteste Miniaturporträtist der hohen öster-
reichischen Aristokratie, die ihn gern den
„österreichischen Isabey" nannte. Sein Ko-
lorit ist glänzend, die sprechende Aehnlich-
keit seiner Porträts wurde stets besonders
gerühmt. Seine Bildchen sind viel bestimmter
gezeichnet als die Fügers, der in der Malerei
weicher und unruhiger erscheint und in dieser
Beziehung eher dem Isabey verwandt war als
Daffinger. Der ehrende Vergleich galt eben
mehr der Berühmtheit als der besonderen ma-
lerischen Auffassung.

Mit der Mitte des letzten Jahrhunderts er-
lischt das Geschlecht eigener und großer
Miniatur-Porträtisten. Für Bayerns Kunst
waren die beiden Heigel etwa die letzten
vielschaffenden Miniaturporträtisten von Be-
ruf. Die königliche Familie besitzt von beiden
Malern eine große Reihe Miniatur-Porträts
ihrer Mitglieder.

Wird nun eine neue Kunst der Miniatur-
porträts erblühen können? Das ist mehr als
möglich und wahrscheinlich. Oder sollte das
starke Hervortreten der photographischen
Kunst dem entgegen sein? — Die künstle-
risch kostbarsten Miniaturmalereien in Hand-
schriften rühren aus einer Zeit her, in der
bereits der Buchdruck und die Holzschnitt-
illustration viel billiger waren als die Hand-
schrift. Gerade die Billigkeit neuer mechani-
scher Kunstmittel steigert das Verlangen, das
mechanisch Mögliche in höchster und reifster
künstlerischer Form zu geben.

Vom ersten englischen Miniaturmaler Ni-
cholas Hilliard, dem Porträtisten der Kö-
nigin Elisabeth, hieß es: A hand or eye —
By Hilliard drawn, Is worth a historye, By
a worse painter madc. Das heißt ins Mo-
derne übersetzt: ein einziges feines Werk-
chen dieser Art könnte gar manche große
Ausstellungsmalerei in den Schatten stellen:
in der Miniatur, die gleichzeitig oft genug
Schmuck ist, muß eminente Technik die
Möglichkeit genußreicher Betrachtung von
nah wie von fern schaffen, was heute Maler
großer Formate oft genug nicht vermögen.

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