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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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Kuzmany, Karl M.: Die Frühjahr-Ausstellung der Wiener Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.12155#0433

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-*=4g3> DIE FRÜHJAHR-AUSSTELLUNG DER WIENER SECESSION

geschlossenen Natur. Ein lebhaft allen Ein- geboten hat. Daß dieser zudem ein warm-
drücken zugängliches Naturell, jedenfalls fühlender Mensch war, bezeugen die Kinder-
sensitiv, wie auch das Selbstporträt dartut, porträts, bei denen alles vermieden ist, was
(s. Jahrg. XXI, S. 424),gibt Evenepoel die Dinge an Zierpuppen erinnern könnte; sie sind mit
ohne Nervosität wieder. Ohne daß die Un- ihrem ganzen Um und Auf unendlich schlicht,
mittelbarkeit des Lebens unterdrückt wird, be- ja zärtlich gemalt (s. auch die Abbildungen
sänftigt er doch die Sinne des Beschauers in Jahrg. XXI, Heft 18).

seiner Bilder. Die schleißige Buntheit des Auch über das Schaffen von Charles Cot-
Jahrmarkttreibens, das Dumpfe und Grelle tet kann man sich einmal eingehend unter-
eines Negertanzes (s. Abb. S. 409), die schwere, richten. Ehe er in der Bretagne sein eigent-
fast anklagende Müdigkeit heimkehrender Tag- liches Stammland gefunden, hatte es ihn nach
löhner, der Zufallskram eines Atelierwinkels, der Sonne Afrikas — nie mehr brachte er so
die verpuffende Lustigkeit eines Varietetheaters, ein blendendes Weiß wie in Assuan auf die
— es wirbelt und reizt auf, doch nur als ein Leinwand — und Spaniens gezogen; das hoch
Schauspiel, das sich dem Auge eines Künstlers zu seinem Dom emporgetürmte Segovia hebt

sich in den verschiedenen
Beleuchtungen wie aus dun-
kelfarbigem Kirchenglas ge-
schnitten gegen den hell
transparenten Himmel ab.
Ein Nachglanz von solcher
Pracht weht noch um das
Felsennest Pont-en-Royans
in der Dauphine, dessen
Häuser am Berg kleben,
überm Wasser, das still und
geheimnisvoll aus einer
Schlucht kommt. Die fröh-
lichen Farben wollen Cottet
nicht so recht gehorchen,
(den Ansichten aus Venedig
fehlt alle Leichtigkeit), wie
eine Anomalie erscheint es,
wenn er auf dem großen
Bild einer Wallfahrt in der
Bretagne den bunten Sonn-
tagsstaat der Wallfahrerin-
nen entfaltet, die auf dem
weiten Wiesenplane ihre
Mahlzeit halten; die ganze
Szene hat etwas Urtümli-
ches, religiöse Bedürfnis-
losigkeit lebt darin. Es sind
durchaus einfache Verhält-
nisse, die Cottet darstellt,
ja die Eintönigkeit des fla-
chen Küstenlandes,das seine
Anwohner zum Erwerb aufs
Meer hinausweist, die Wie-
derkehr von dessen Ge-
fahren und Trauer und Tod
teilen sich den Schilderun-
gen mit. Die düster trübe
See, der dunkel drohende
Himmel scheinen mit Flor
verhängt, so wie die AI1-
friedrich König weiblicher akt tagstracht dieser Weiber, die

Frühjahr-Aussteilung der Mänchener Secession VermummtZUrMeSSegehen,

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