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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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Die Provinzialmuseen und ihre Aufgaben
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https://doi.org/10.11588/diglit.12155#0577

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DIE PROVINZIALMUSEEN UND IHRE
AUFGABEN

Ueber Kunstmuseen, ihre Ziele und Grenzen hat
sich der Generaldirektor der Königl. Museen
in Berlin, Geheimrat Wilhelm Bode, vor kurzem in
der »Internationalen Wochenschrift für Wissenschaft,
Kunst und Technik« in einem Aufsatze ausgespro-
chen. Die Nummer vom 6. Juli der gleichen Wochen-
schrift bringt nun aus Bodes Feder einen zweiten
Aufsatz unter obigem Titel, dem wir die nachstehen-
den Ausführungen entnehmen.

Provinzialmuseen sollen in erster Linie historische
Museen sein und haben als solche die Kunst- und
Kulturdenkmäler ihrer Provinz zu sammeln. Inner-
halb dieser Beschränkung können sie Hervorragen-
des leisten; wenn sie diese Aufgabe richtig erfassen
und nach allen Seiten verfolgen, so haben sie sehr
reiche, vielseitige und lohnende Arbeit und werden
dann, selbst bei großen Mitteln, nicht leicht in die
Versuchung kommen, sich andere, fernliegende Ziele
zu stecken, deren Verfolgung ihr Hauptziel regel-
mäßig schädigen wird. Sind doch die Aufgaben sehr
mannigfaltige, selbst in Provinzen, deren Kultur erst
eine verhältnismäßig junge und deren Kunstblüte
nur eine kurze oder untergeordnete war. Da ist zu-
nächst die fast überall lohnende und arbeitsreiche
Aufgabe der Erforschung und Ausbeutung der prä-
historischen Altertümer der Provinz. Ein ebenso
reiches Feld zum Sammeln bietet sich in den Resten
des Kulturlebens der Provinz im Mittelalter und der
neueren Zeit. Diese provinzielle Völkerkunde wird
namentlich das bäuerliche Leben, daneben aber auch

die städtische Kultur ins Auge zu fassen haben, so-
weit letztere nicht von besonderen städtischen Museen
gesammelt wird.

Neben der bäuerlichen und städtischen Kultur
wird auch das Burgen- und Ritterwesen in das Samm-
lungsgebiet der Provinzialmuseen fallen müssen.
Hier sollte man eine besonders typische und gut
erhaltene alte Burg zur Aufstellung der Sammlungen
wählen, nach dem Beispiel, das unser Kaiser in der
Marienburg und Hohkönigsburg, nach anderer Rich-
tung auch in der Saalburg gegeben hat.

Ein anderes Sammelgebiet haben die Provinzial-
museen in der Kunst und dem Kunsthandwerk, die
in der Provinz geblüht haben. Dabei muß nicht
nur nach ästhetischer, sondern vor allem nach histori-
scher Rücksicht verfahren werden; es muß ge-
sammelt werden, was noch in der Provinz selbst
nach der Richtung vorhanden ist, und was nach aus-
wärts gekommen ist, muß — wo es angeht — zu-
rückgekauft werden. Es kann dadurch gelegentlich
auch ein eminent volkswirtschaftlicher Nutzen ge-
stiftet werden, indem alte Industrien einer Provinz
wieder belebt oder in richtige Bahnen gelenkt werden.

Wenn die Provinzialmuseen ihrer Aufgabe, nach
diesen Richtungen zu sammeln, richtig nachkommen
sollen, so dürfen ihnen die Zentralmuseen dabei nicht
hinderlich sein oder gar das Wasser abgraben, wie es
bis jetzt zum Teil der Fall ist. Da bei den Provinzial-
museen vor allem der lokalhistorische, bei den Zen-
tralmuseen aber weit mehr der allgemeine künstleri-
sche Gesichtspunkt maßgebend sein soll, so wird eine
solche Konkurrenz selten eintreten und dann meist
eine beiderseits befriedigende Lösung finden können.

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