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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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Die Provinzialmuseen und ihre Aufgaben
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https://doi.org/10.11588/diglit.12155#0579

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-^4Ö> DIE PROVINZIALMUSEEN UND IHRE AUFGABEN <^>v-

geringer Teil des Kunstbestandes ist noch nicht in dabei ihre Mittel zu vergeuden und ohne für die
festen Händen. Aber es bietet sich doch bald hier, Zukunft ihre Räume mit zweifelhaften Dingen und
bald dort Gelegenheit zur Erwerbung oder doch zur mit Ballast zu füllen: das geschieht durch Wander-
Vorführung von einzelnen guten Originalwerken. ausstellungen, an denen sich jetzt jedes, auch das
Die Leiter unserer Provinzialsammlungen suchen kleinste Provinzial-und Lokalmuseum beteiligen kann,
sie jetzt meist auf dem Gebiete der modernen, wo- Durch sie werden die verschiedenartigsten Werke
möglich der modernsten Kunst. Das scheint im der modernen Kunst und des Kunsthandwerks, in-
allgemeinen ein recht fragwürdiges Mittel zur Ge- ländische wie ausländische, dem Publikum in regel-
schmacksbildung. Die Bewegung, in der wir mitten mäßigem Wechsel vorgeführt, so daß es immer neue
drinstehen, können wir erst beurteilen, wenn sie Anregung erhält, einen guten Ueberblick über die
eine Strecke hinter uns liegt; das gilt vor allem moderne Bewegung in der Kunst bekommt und im-
auch von der Kunst. Gestern hat man für Bronzen stände ist, sich ein Urteil zu bilden,
von Meunier oder für Bilder von Thoma und Böck- Ein anderer Weg, auf dem unsere Provinzial-
lin, nicht selten minderwertige oder gar bestrittene, Sammlungen gelegentlich zu guten Originalen ge-
Phantasiepreise gezahlt, heute zahlt man sie für langen können, ist leider bei uns noch nicht so gang-
Menzel und Feuerbach, Leibi und Liebermann, und bar wie jenseits des Ozeans: die Schenkung oder
morgen wird man sich vielleicht gar Hodler und Stiftung und die Bereicherung durch Vereinigung
Klimt für teures Geld streitig machen, während im kunstsinniger Gönner der Museen; aber begangen
Hintergrunde schon die Kritik lauert, um sie alle ist dieser Weg doch auch bei uns schon und wird
abzumeiern und nur den waschechten französischen es immer mehr. Die Galerien des Städelschen
Impressionismus auf den Thron zu setzen. Ebenso Museums und des Wallraf-Richartz-Museums be-
gefährlich scheint uns das übertriebene Poussieren ruhen auf solchen Stiftungen und sind vielfach da-
der heutigen Lokalkunst, wenn dies von den Museen durch vermehrt worden; das Thaulow-Museum in
betrieben wird. Und wie lange werden unsere deut- Kiel und das Suermondt-Museum in Aachen sind
sehen Kunstgewerbemuseen in ihren Räumen noch so entstanden; das Rheinische Provinzial-Museum
die Schränke und ganzen Zimmer mit den »Schätzen« in Bonn hat erst kürzlich die umfangreiche Wesen-
des modernsten französischen Kunsthandwerkes dul- doncksche Galerie als Leihgabe auf neunundneunzig
den, die sie sich auf der Pariser Weltausstellung 1900 Jahre erhalten, und kleinere Sammlungen und ver-
um viele Tausende streitig machten? Es gibt einen einzelte wertvolle Stücke haben die meisten unserer
Weg, wie die Museen, vor allem die Provinzial- Provinzialmuseen durch Geschenk erhalten. Bode be-
museen, die uns hier beschäftigen, dem Publikum fürwortetzum SchlußeineVerständigung zwischen den
die modernste Kunst in aller Mannigfaltigkeit und Zentral- und Provinzialmuseen, die sich gegenseitig
den besten Erzeugnissen vorführen können, ohne in die Hand arbeiten sollten, anstatt sich zu befehden.

KARL VINNEN ABEND

Sommer-Ausstellung der Münchener Secession

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