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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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Kromer, H. E.: Farbigkeit der Plastik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12155#0621

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-^=4^> FARBIGKEIT DER PLASTIK

Man bedauert — und man muß es unerklär-
lich finden —, daß die bis hierin bewiesene
Kühnheit den Künstler gerade da verlassen
hat, wo sie am nötigsten war: an einer Stelle,
die auch einem Ueberragenden nicht gemeine
Schwierigkeiten bieten mußte : an der farbigen
Wiedergabe des Fleisches. Neben dem Zwie-
spalte, der jetzt unter den Farben des Werkes
herrscht, liegt aber noch ein gedanklicher,
der nicht minder bedeutend ist, obschon er
nicht so hart in die Augen fällt, wie jener:
Das Unbelebte an der Skulptur, den Adler
abgerechnet, trägt die ausgesprochenen Farben
der Natur und ist so zu seinem vollen Rechte
gekommen: Fels, Sessel und Teppich; das
höchste Leben hingegen, der Mensch, ja, das
in kraftvoller Tätigkeit ringende Genie, ist
in das blutlose Blaß des Todes gekleidet!
Sollte Klinger, dem grüblerischen Künstler,
dem soliden Denker, dieser Widerspruch ent-
gangen sein? Und sollte er nicht die Kühnheit
wiederfinden, die ihn zu seiner Schöpfung

befeuerte und ihn nun auch den letzten Schritt
zu ihrer Vollendung tun hieße? Denn jetzt
ist das Werk Fragment; und es übt seine
große Wirkung nur Kraft seiner gewaltigen
Innerlichkeit und trotz seiner Nichtvollen-
dung. Und es gibt kaum einen teureren
Wunsch, als es noch vom Künstler selber,
der hier allein zuständig ist, vollendet zu sehen.
Inzwischen freilich ist Klinger zu den alten
Göttern zurückgekehrtundeserscheint fraglich,
ob er sein tapfer begonnenes Reformwerk
wiederaufnehmen wird; der Widerstand von
Künstlern wie Banausen ist nicht zu unter-
schätzen . . .

Der Umstand, daß der Marmor für uns ein
kostspieliges und deshalb „edles" Material ist
(was für die Griechen nicht zutraf, die ihn
nahe zur Hand hatten), mag manchen Künstler
zurückhalten, den empfindlichen Stein mit
Farbe zu behandeln, wegen steter Gefahr, ihn
am Ende zu verderben. Die erste Frage lautet
begreiflicherweise: Welche Farbe verwenden
 
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