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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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Kromer, H. E.: Farbigkeit der Plastik, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12155#0625

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«*=*32> FARBIGKEIT DER PLASTIK <^=^-

die der Aufstellung der Plastiken im
Freien, die Bedeutung der Nischen oder
des architektonischen Hintergrundes.
Ich meine, diese Fragen lösen sich bei
einigem Nachdenken leicht und bedürfen
hier keiner eingehenderen Behandlung.
Wichtiger ist hier wohl die nach der
Schätzung der (farbigen!) Plastik gegen-
über der Malerei bei den Griechen.
Wenn der fast vollständige Untergang
der griechischen Malerei uns auch keinen
Schluß auf ihren ehemaligen Stand ge-
stattet, so darf doch angenommen wer-
den, daß er der Plastik kaum nachgegeben
hat. Und doch glaube ich, daß diese
als darstellende Kunst höher geschätzt
wurde als jene, schon in Hinsicht auf
die größeren handwerklichen Schwierig-
keiten und die höhere Leistung an Arbeit.
Es entsprach dies meines Erachtens ganz
dem realen Wesen der Griechen. Wenn
dies als wahr anzunehmen ist — ob dann
diese Schätzung nicht gerade für die
Porträtplastik von besonderer Bedeutung
— auch wirtschaftlicher Art! — gewesen
sein mag? Ein anderes war es, eine
flachgemalte Tafel, ein andres, eine Voll-
plastik in natürlicher Bemalung zu haben.
Nicht nur Material und aufgewandte Ar-
beit, auch die größere Dauerhaftigkeit
äußeren Einflüssen gegenüber könnten
adolf heller bildnis solche Höherwertung veranlassen und

mnchener Jahresausstellung 1907 rechtfertigen. Sind dies am Ende auch

nur Vermutungen, so haben sie doch
in der Arbeitsleistung mit dem Wesen der kaum etwas Unwahrscheinliches an sich.
Kunst nichts zu tun habe. Heute bescheidet Für unsere Zeit aber steht fest, daß die
sich der Künstler leider allzuleicht mit der Plastik hinter der Malerei zurücksteht, nicht
Rolle des Modelleurs. Die Bewältigung der nur in der Zahl ihrer Werke, sondern auch
Holz- oder der Marmortechnik schätzt er in der Schätzung bei Laien wie bei Kennern,
nicht so sehr als schwierig, wie als seiner Wer findet einen zureichenden Grund dafür?
unwürdig. Aber zugestanden, daß mit der Her- Und wenn sie die aristokratische Kunst kat'-
stellung des Modells die eigentliche künst- exochen genannt wird — ob das nicht ge-
ierische Arbeit des Bildhauers getan sei: soll schieht, weil sie schwer dem Verständnis
der Steinmetz das letzte Wort beim Kunst- und der tauglichen Kritik zugänglich ist und
werk zu sprechen haben ? Es ist nicht zu durch ein Fremdes oder Befremdendes unsere
glauben, daß der Grieche von seinem Marmor- Neigung zurückweist, durch das Rätselhafte,
block, dem er so hohe formale Harmonie das in der zwingenden Macht der Form liegt
gegeben hatte, zurückgetreten sein solle, ohne im Verein mit Einfarbigkeit, für die wir
innezuwerden, daß jetzt die feinere und weder einen Sinn, noch eine vernünftige Er-
lockendere Aufgabe für ihn erst begann. klärung finden? Es ist nicht anders möglich:
Eben diese Empfindung, dieses höhere Pflicht- Das einfach und naiv empfindende Volk muß
gefühl für sein nacktes Werk der Form muß die Abwesenheit aller natürlichen und leben-
heute im Bildhauer erwachen, damit er einen digen Farben, die es sonst an den Gegen-
letzten Schritt zu seiner eignen Vollendung ständen sieht, an den plastischen Werken
und zur Erhöhung unserer Kultur tue. als etwas ihm Unverständliches, Sinnloses

Die Forderung der farbigen Plastik legt auffassen; es muß wähnen, man wolle ihm
noch einige andere Fragen nahe, die der etwas ganz Besondres damit sagen und siehe:
Untersuchung sehr würdig wären, vor allem Man sagt ihm damit gar nichts! Zu diesem

Die Kunst für Alle XXII.

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