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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911

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Gespräche mit Rodin
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https://doi.org/10.11588/diglit.13089#0059

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GESPRACHE MIT RODIN

Rahmen eines Rodin-Essays zu-
erst im Jahre 1902 in Buch-
form erscheinen lassen. 1908
hat Van Oest in Brüssel das
Werk aufs neue herausgegeben,
denn er hatte erkannt, daß es
auch neben den Rodin-Arbeiten
von Morice, Rodenbach, Schmitt,
Mauclair, Geffroy usw. einen
selbständigen Wert habe, eben
dadurch, daß es mit wahrhaft
eckermannischer Treue geschrie-
ben ist und jener Begeisterung
voll, die Frauen für „Genies"
leichter entflammen macht als die
kritischer veranlagten Männer.

Rodin, der Mensch, kommt
darin zu Wort, mancher kleine
intime Zug, der sein Gesamtbild
klären hilft, ist festgehalten und
manches schillernde Bonmot, das
Menschen und Dinge blitzartig
beleuchtet. Aber schließlich ist
es eben doch derKünstlermensch,
der hier das Wort führt und der
im Mittelpunkt steht. Und so hat
denn die Cladel gerade jene Ge-
spräche, die über Dinge der Kunst
handeln, mit besonderer Aus-
führlichkeit behandelt.

Drei Worte kehren in diesen
Gesprächen immer wieder, sie
sind gleichsam die Programm-
punkte: die Griechen, die franzö-
sischen Gotiker, die Natur.

Rodin über die Kunst reden a. rodin bellona
und bei dieser Gelegenheit sein
eigenes Kunstbekenntnis able-
gen zu hören, ist mehr als interessant, es ist zu warten, da die wirkliche Begabung in ihnen
ein kunstgeschichtliches Ereignis. Es dürfte aufwacht, und die deshalb das Bizarre aufsuchen,
darum von Bedeutung sein, einige markante das Außergewöhnliche des Gegenstands und der
Stellen dieses Bekenntnisses kennen zu lernen. Form — beides fern von der Wahrheit. Das
Hier sind sie, frei aus dem Zusammenhang nennen sie dann „originell". Mit der Kunst
genommen, so daß sie nahezu aphoristisch hat das nichts zu tun."
wirken; von ihrer logischen Schärfe, von ihrer Ein anderes Mal sagt er dies:
sprachlichen Gedrungenheit indes haben sie da- „Die Japaner sind die großen Bewunderer
durchnichtsverloren;nuraufdemWegvomFran- der Natur. Die haben sie auf eine wahrhaft
zösischen ins Deutsche haben sie manche Fein- herrliche Art studiert und erfaßt. Denn die
heit des Ausdrucks, manche überraschende dia- Kunst ist nichts anderes als Naturstudium,
lektische Schlagfertigkeit einbüßen müssen. .. Dieses Studium macht die Größe der Antike

Als man einmal seine Werke „originell" nennt, und der Gotik aus. Die Natur — da liegt alles
sagt Rodin bedächtig: „Sie täuschen sich ein darinnen. Wir selbst erfinden nichts, wir sind
wenig, hier ist nichts originell. Originalität keine Schöpfer . . . Die Griechen gestalteten
im Sinne des Publikums hat mit großer, wahrer nur das nach, was sie sahen, allerdings mit
Kunst nichts zu tun. Jawohl, es gibt Künstler, einer gewissen Uebertreibung der charakteri-
die nicht die Ausdauer haben, auf die Stunde stischen Form. Sie taten es mit Ehrlichkeit

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