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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911

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Vollmer, Hans: Zur Geschichte des Kunstsammelns in Deutschland
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Von Ausstellungen - Neue Denkmal- und Brunnenkunst - Personal-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.13089#0083

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VON AUSSTELLUNGEN

schem Gesichtspunkt, nach dem unsere heuti-
gen Galerien aufgestellt sind, und der allein
auf Wissenschaftlichkeit Anspruch erheben
durfte. Gleichzeitig kam auch in die Art und
Weise, wie man sammelte, mehr Methode.
Früher nahm man auf, was der Zufall gerade
bot; jetzt suchte man bestehende Lücken metho-
disch auszufüllen und auf diese Weise allmählich
organisch in sich abgeschlossene Abteilungen
zu schaffen. Im Zusammenhang damit nahm das
18. Jahrhundert sehr sorgfältige Inventarisie-
rungen vor. Diese Inventare verzeichnen die
Namen der Meister, Maße und Herkunft der
Bilder und geben kurze Inhaltsbeschreibungen.
Die neu hinzukommenden Stücke wurden in
der Reihenfolge ihrer Erwerbung nachgetragen.
Jedes Bild erhielt seine Inventarnummer, die
meist auf die Rückseite, bisweilen auch auf die

alf. phil. roll nach dem ball

Internationale Kunstausstellung 1910 in Venedig

Bildfläche mit Ölfarbe gesetzt wurde. Nur dank
dieser Einrichtung lassen sich oft zahlreiche Ge-
mälde heute noch mit den in den alten Inven-
taren bisweilen sehr ungenau beschriebenen
Bildern identifizieren.

Das 19. Jahrhundert aber erst brachte die Popu-
larisierung der großen Gemäldesammlungen,
die jetzt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht
wurden, und deren Kenntnis durch Anlegung
umfangreicher Galeriewerke in Kupferstichen,
die von den berühmtesten Stechern der Zeit
herrührten, in weiteste Kreise getragen wurde.
Damit war, was früher eine im Grunde zweck-
lose fürstliche Liebhaberei war, in den Dienst
der ästhetischen Erziehung der Allgemeinheit
gestellt, die wir als den vornehmsten Zweck
jeder größeren, mit öffentlichen Mitteln be-
strittenen Ansammlung von Kunstwerken zu
betrachten uns gewöhnt haben.

VON AUSSTELLUNGEN

DERL1N. Langsamer als sonst entschließen sich
in diesem Herbst die Kunstsalons zur Eröff-
nung der neuen Saison. Bei Gurlitt steht noch die
Sommerausstellung, von der hier schon die Rede
war, im Künstlerhause die Reuter-Erinnerungen, und
was Schulte seinem Publikum als erste Ausstel-
lung der Herbstsaison vorführt, ist hoffentlich nur
der Vorläufer für Besseres, das folgen soll. Denn
weder die ganz äußerliche Porträtmalerei Egon
Kossuths noch die ermüdend einförmige Land-
schaftskunst Hans Heiders oder der zahme Im-
pressionismus des Düsseldorfers Willy Lucas ver-
mag so umfassende Kollektivausstellungen zu recht-
fertigen. Und auch Karl Leipold, der aus Rem-
brandt und Turner sich eine eigene Art von Phan-
tastik zusammengebraut hat, sagt uns mit zwanzig
Bildern nicht mehr als mit zweien.

Bringen es die übergroßen Räume des neuen
Schulteschen Salons selbst mit sich, daß die Aus-
stellungen nur zu oft mehr in die Breite als in die
Tiefe gehen, so ist bei CassiRER glücklicherweise
eine gesunde Beschränkung geboten. Aber auch
hier ging man diesmal über den Rahmen des Not-
wendigen hinaus, wenn man Johann Sperl zu
seinem siebzigsten Geburtstage die Ehre einer gro-
ßen Kollektiv-Ausstellung zuteil werden ließ. Denn
man tut dem Künstler selbst keinen guten Dienst,
wenn man ihm zum Jubiläum ein Piedestal bereitet,
auf dem er nicht recht bestehen will. Hat doch
Sperl gerade durch sein Leben bewiesen, daß er
das rechte Maß von Selbstbescheidung besaß, dessen
es bedurfte, um vom beliebten Genremaler zum
einfachen Landschafter zu werden und um dem
größeren Freunde, Leibi, sich willig unterzuordnen.

Ein so anspruchsvolles Zeugnis der süßlichen
Genrekunst der Rambergschule wie >Die Schmük-
kung zum Feste« hätte nicht gezeigt werden sollen,
zumal Sperl durch seine weitere Entwicklung dieser
falschen Kunst abgeschworen hat. Denn seine Be-
gabung reichte nicht aus, eine Gruppe wie diese
' künstlerisch zu bewältigen. Das Motiv bleibt das
L Beherrschende, und der Maler offenbart sich nur

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