Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911

DOI Artikel:
Von Ausstellungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13089#0340

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VON AUSSTELLUNGEN

VON AUSSTELLUNGEN wie er wohl ein zweites Mal nicht so leicht geboten

wird. Sehr gut ist namentlich die Münchener Früh-
D ERLIN. Auf dem Gebiet der graphischen Künste, zejt mit der phänomenalen glänzenden Frühreife des
13 die ja nur bei einem verhältnismäßig kleinen sich rasch, im Verkehr mit Leibi, zu einem malerischen
Teil des Publikums auf Verständnis rechnen können, Genieersten Rangesentwickelnden Künstlers - deren
wird in Berlin von staatlicher und privater Seite Werke bekanntlich von den Kennern am höchsten
nicht wenig getan, aber das findet meist keine rechte geschätzt werden — vertreten. Hier vermissen wir,
Beachtung. Unter dem Gesichtspunkt vom Interesse außer einigen der großen Meisterwerke in den
am Gegenstand ausgehend die Freude an der künst- großen Museen, eigentlich nur die prächtigen, früher
lerischen Leistung zu wecken, hat das Königl. Kufper- \m Besitze seines Freundes Karl Schuch befindlich
Stichkabinett in seiner modernen Abteilung eine Aus- gewesenen „Wildstilleben". — Aus der Jugendperiode
Stellung veranstaltet, welche radierte und lithogra- des Künstlers ist der aus der Schule Hans Canons
phierte Städtebilder von Meistern des 19. und20. Jahr- stammende, 1869 gemalte, „Geldwechsler", der sehr
hunderts ingeschlossener Uebersicht nach den Orten stark an seinen Lehrer erinnert, vorhanden. Dann
gruppiert, vor Augen führt. Weitaus die bedeutend- kommt eine lange Reihe aus der überaus frucht-
stenSchöpfungen stammen von Ausländern; Whist- baren Münchner Zeit der Beziehungen zu Wilh.
lers unvergleichlich zarte venezianische Ansichten, Leibi stammenden Meisterwerke: Der kürzlich von
Bones englischeBlätter,PENNELLSimposante ameri- dem Berliner Nationalmuseum um sehr hohen Preis
kanische Straßenszenen und Riesenhäuser bieten erworbene, lange verschollen gewesene „Bürger-
wohl das Beste, was auf diesem Gebiet geleistet meister Hofmeister", die Porträts der Eltern des
worden ist, nur Charles Meryon mit seinen gran- Künstlers, die „Selbstbildnisse" in reichster Zahl,
diosen Vues de Paris vermag unbestritten daneben zum Teil auch aus dem Karlsruher Einjährigen-
seinen Platz zu behaupten. Wir Deutsche müssen uns jahr 1875 76 stammend, die meisterhaften weiblichen
leider gestehen, daß die Leistungen unserer Künstler, Porträts in den unschönen, aber wunderbar gemal-
trotzdem sie seit alters her mancherlei Anregungen ten Zeitkostümen, lauter erlesene Kleinodien köst-
aus fremden Ländern, insbesondere aus Italien ge- Hchster, sattester, groß gesehener Primamalerei, wür-
holt haben, auf dem Gebiet des graphischen Städte- dig und vergleichbar den Meisterwerken der größten
bildes nur schwache sind : nicht einmal die Schön- Maler der Vergangenheit, was sich ja auch in den
heiten der eigenen Heimat haben, von wenigen Aus- enormen Preisen, die jetzt dafür bereitwilligst ge-
nahmen abgesehen, die hervorragenderen unter ihnen zahlt werden, deutlich ausdrückt,
gereizt, die Radiernadel zur Hand zu nehmen. — Aus den sehr zahlreich vertretenen Gemälden
Eine gelungene Uebersicht über die graphischen mythologischen, biblischen und historischen Inhaltes,
Werke einer einzelnen Persönlichkeit gibt Charles die ja sonst nicht die stärkste Seite des vielseitigen
A. de Burlet mit einer kleinen Alphonse Le- Künstlers repräsentieren und eher eine, vielleicht
gros-Ausstellung. An eine Reihe von Zeichnungen, nur durch seine Beziehungen zu seinem großen
kühl und vornehm im Strich, schließen sich die Landsmann Anselm Feuerbach veranlagte Konzes-
Radierungen dieses Künstlers an, der, trotzdem er in sjon an den Zeitgeschmack darstellen, heben wir
London als Mensch ganz und gar Franzose geblieben die wundervoll gezeichnete, in ihrem phantastischen
ist, sich dem Einfluß englischer Kunst nach keiner aparten Kolorit und ihren grellen Beleuchtungs-
Richtung entziehen konnte. — Der Kunstsalon von effekten unwillkürlich an Greco gemahnende große
Keller & Reiner, der sich offenbar bemüht, in der „Kreuzigungsszene" von 1878 hervor. Zwei flott ge-
Reihe der privaten Ausstellungsunternehmen wieder maite Londoner Straßenszenen und die vier, in
mitzuzählen, Iäd zu einer Besichtigung von Skulp- jhrer grandiosen Behandlung der atmosphärischen
turen des Schweden David Edstköm ein, dessen Erscheinungen direkt an den großen William Turner
ehrlichem ernsten Streben man vielleicht mehr erinnernden Heidelberger Ansichten, sowie einige
nützen würde, wenn man ihn nicht durchaus zum delikate und distinguierte weibliche Bildnisse sind
Heroen stempeln wollte, wie das wenig erfreulich dann während des Londoner Aufenthaltes 1886/87
von Seiten der Aussteller versucht wird. Edström entstanden. Geradezu glänzend vertreten ist sodann
schreitet auf den Wegen Meuniers und Rodins und die Frankfurter und anschließend die Karlsruher
leistet insbesondere auf dem Gebiete der Porträt- Ze\t des Meisters, in der er unter dem sieghaften
plastik recht annehmbares. — Cassirer zeigt neben Einfluß der ausgesprochenstem, stark impressionisti-
einer Kollektion von Arbeiten Fritz Rheins, die sehen Freilichtmalerei ein ganz Anderer wie früher
in ihrer Mehrzahl Motive aus Wismar behandeln wurde. In großer Anzahl folgen sich die herrlichen
und durch eine gewisse Starrheit der Farbbehand- sonnendurchfluteten „Bergstraßen-", „Odenwald-",
lung ermüden, nicht uninteressante, höchst kühn „Starnberger-" und „Chiemseelandschaften", die köst-
gemalte Landschaften Waldemar Rösslers, liehen, lichtumflossenen nackten männlichen und
hübsche, hellfarbige Landschaften von Hedwig weiblichen Figuren, wie „Adam und Eva", „Salome",
Ruetz und Theodor Schindler. — Im Künstler- „Parisurteil", „Susanna" usw. Dann die durchaus mo-
haus sieht man zur Zeit zwei wenig erfreuliche numentalen Pferde- und Reiterbildnisse, ganz einzig
Nachlaßausstellungen, die Bilder von Hermann in der modernen Kunst, in ihrer großzügigen Verein-
Kaulbach und Hermann Schnee, die beide son- fachung und dabei fast verwegen zu nennenden Tech-
derliches Interesse nicht erwecken. j. Sievers nik und Auffassung und schließlich die, in den
KARLSRUHE. Wilh. Trübner-Ausstellung zur leuchtendsten, fast glühendsten Farben, ganz in flot-
Feier des 60. Geburtstages des Künstlers im tester Primatechnik mit unglaublicher Verve herun-
Badischen Kunstverein. Die zumeist aus Privat- tergemalten großartigen Postillone und sonstigen
besitz zusammengestellte Ausstellung von über zwei- männlichen und weiblichen Bildnisse, die den Na-
hundert Gemälden, denen sich ein halbes Hundert men des Meisters als eines der bedeutendsten Maler
Handzeichnungen und Radierungen des Künstlers an- — im ureigensten Wortsinn genommen — nicht nur
reihen, bietet einen trefflichen, umfassenden Ueber- der Gegenwart, sondern, wie man getrost sagen darf,
blick über das Gesamtkunstwerk des großen Malers, aller Zeiten in alle Lande getragen haben.

Redaktionsschluß: 21. Februar 1911 Ausgabe: 9. März 1911

Herausgeber: F. Schtartz. Für die Redaktion verantwortlich: p. Kirchgraber. — Druck und Verlag von F. Bruckmann A.-G.

Sämtlich In München
 
Annotationen