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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 2.1901-1902

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Köper, Adolf: Die Silberschmiede Kirstein
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https://doi.org/10.11588/diglit.6477#0042

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Adolf Köper • Die Silberschmiede Kirstein.

wirken lassen, die kurze Zeit nachher in
der französischen Malerei ihren vornehm-
sten Ausklang fand.

Kirstein kam zuerst dem Mode-
geschmack auch in der Wahl der Gegen-
stände entgegen. Es gab eine Zeit, in der
mit den Tabatieren, aus Silber und Gold,
mit Edelsteinen und kunstvollen emaillirten
Gemälden versehen, ein grosser Luxus
getrieben wurde; bekannt und geschätzt
sind z. B. die Neuber-Dosen; ihre Preise
gehen selbst heute noch in die Hunderte
und Tausende. Gekrönte Häupter, wie
Georg III., König von Grossbritannien,
(1738-1820) pflegten solche Tabaksdosen
in ihren Musestunden selbst aus Elfenbein
zu drechseln und damit fürstlichen Freunden
und Verwandten Geschenke zu bereiten.
In derselben Zeit nun, in der auf die
künstlerische Ausgestaltung der Dosen
so grosser Wert gelegt wurde, arbeitete
Kirstein derartige Gegenstände in getrie-
benem Silber, meist mit figürlichen Scenen.
Gegenüber den Arbeiten, die in durch-
brochenem Elfenbein, in Muschelmarmor
oder aus einem Seeigel gefertigt waren,
hatten die Kirstein'schen Dosen vor allem
den Vorzug des soliden Materiales und
der wahrhaft künstlerischen Behandlung.
Wie sich Kirstein der Dose annahm, so
auch des Pfeifenkopfes. Ist der eisenfreie,
schwer schmelzbare und sehr plastische
Pfeifenthon selbstverständlich auch das
nächstliegende Material zu einem Pfeifen-
kopf, so hat doch das Silber gerade durch
Kirstein —■ trotz der ausgedehnten Pflege
der Porzellanmalerei - einen bedeutungs-
vollen Platz auf diesem Gebiete der Klein-
bildnerei glücklich behauptet. Je mehr
nämlich Nachdruck auf die Malerei gelegt
wurde, desto mehr litten darunter die
Formen der Gegenstände. Kirstein hatte
nun gerade für eine edle Form ein merk-
sames Auge. Als bereits der Geschmack
an schöner zierlicher Arbeit zu versinken
drohte, wusste er noch seinen Arbeiten
eine Form zu geben, die lebhaft für seinen
geläuterten Geschmack, für sein Gefühl
und Verständniss spricht.

Der ausgeprägte Formensinn Kirstein's

zeigt sich also nicht nur in Bagatellen,
sondern auch in jenen Dingen, welche die
grösste Feinheit in der künstlerischen
Durchführung verlangen. Bevor wir aber
auf die grösseren Werke Kirstein's näher
eingehen, sei es gestattet, daran zu erinnern,
dass er mit der Form auch die künstlerische
Treibarbeit in all' seinen Schöpfungen
pflegte, und ihre Wirkung — je nach der
Bedeutung des Werkes — in einer im
XVIII. und XIX. Jahrhundert geradezu
einzig dastehenden Weise zu steigern
wusste.

Pfeifenk-Opf, ciseJirt von J. K. Kirstein.

Mag man es nun bedauerliche Ein-
seitigkeit oder weise Selbstbeschränkung
nennen : Kirstein, der unvergleichliche
Meister der Treibarbeit, ist über ein eng-
begrenztes Gebiet in seinen figürlichen
Darstellungen nur selten hinausgekommen.
Ob er eine Dose ciselierte oder eine Pfeife
oder einen Becher — es ist fast immer die
Jagd, der er das Sujet entnimmt, mit dem
er den.Gegenstand schmückt.

Ist Kirstein in der Technik den
französischen Meistern gefolgt, so hat er
bezüglich dieses Stoffgebietes doch wohl
manche Anregung von einem deutschen
Tiermaler und Kupferstecher, von dem
auch im Elsass sehr geschätzten Johann
 
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