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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 2.1901-1902

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Clericus, Chr.: Über moderne Kirchenmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.6477#0085

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02

Ghr. Clcrtcits: Über moderne Kirchenmalerei.

Gilter aus dei Kunstschlosser-Abteilung
der Strassburger Kunstgewerbeschule.

bezüglich der Farbenbereitung hat der
alte Benediktinermönch Theophilus in
seiner Schedula diversarum artium ge-
geben. Er beginnt mit der Hautfarbe, für
welche er Bleiweiss glüht und in Massikot
(Gelb) verwandelt, hierauf mit Bleiweiss
und Zinnober mischt. Er unterscheidet
die verschiedenen Gesichtsfarben, bleiche,
rötliche und weisse; für die bleiche wählt
er «prasinus», eine schwärzliche grüne
Farbe. Diese wird mit gebranntem Ocker
und Zinnober zur Hautfarbe gemischt und

dient als « posch » zum
Färben der Augen,
Augenbrauen, Nasen-
löcher, des Mundes und
der Falten. Für die
Wangen und Lippen,
für die Haare vom Kind
bis zum Greise, für die
verschiedenen Grade
von Licht und Schatten,
für die Gewänder und
Falten, die Altarschreine
und Chorstühle hat er
eigene Farben und Me-
thoden. Als Bindemittel
wendet er das Leinöl
an. Auch giebt er die
genaue Anweisung über
die Fertigung des Blatt-
goldes und Blattsilbers.
Zum Vergolden nimmt
er nicht Spiritus, son-
dern aus Eiweiss ohne
Wasserzusatz geschla-
genes Eierklar, und statt
des kostspieligen Blatt-
goldes benützt er auch
gelb gefärbte Zinnfolien.

So gewaltig auch
unser modernes techni-
sches Können ist, es
kann nicht schaden,
wenn wir uns manchmal
aus solch alten bewähr-
ten Rezepten Rat er-
holen. Dann wird es
sich auch nicht mehr
ereignen, dass Kirchen-
figuren weiss lackiert werden, wie dies
vor nicht langer Zeit geschehen.

Freilich : selbst wenn unsere Meister
die alte Technik kennen, welche die Fi-
guren mit Bolus (Pfeiffenkreide) überzog
und dann polierte, wer bezahlt dies müh-
same Verfahren heute? Heute muss sich
die Kirchenrestaurationskunst meist nach
der Maxime der Ramschbazare richten :
billig und schlecht. Daher ist im Allge-
meinen diese Kunst auch bei uns der
Schablonenhaftigkeit verfallen.
 
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