Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 2.1901-1902

DOI Artikel:
Hartmann, Anton: Zum ersten Kunsterziehungstag
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6477#0099

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
;6

Anton Hartmann ■ Zum ersten Kuusterzicliungstag.

Schülerarbeit. Aus der Schreinenibteilung
der Strassburger Kunstgewerbeschule, n n

Vorlagen, die das Kind einer naiven
Anschauung der Natur entwöhnen, mit
dem langweilenden und nutzlosen jahre-
langen Zeichnen von geraden und krum-
men Strichen, Dreiecken, Vierecken,
Kreisen und Sternen, hinweg mit den
historischen Ornamenten. Wir wollen nicht,
dass das Kind die Natur zuerst durch die
Brille der Vergangenheit, durch die Ver-
mittlung bestimmter historischer Stilarten
sehe. Gründet sich der Zeichenunterricht
auf die historischen Stilarten, so entsteht
im Kinde der Irrthum, die Schönheit eines
Bauwerkes, Denkmals, Brunnens oder Ge-
räthes bestehe in dem von aussen ange-
klebten Ornament, was ja nicht der Fall
ist, oder gar in der bestimmten histo-
rischen Fixierung, die die ornamentalen
Formen in der Vergrant;enheit erfahren
haben.

Kunst in unserem Sinne ist Dar-
stellung der Natur oder Erzeugung eines
Gefühls, einer Stimmung, einer Kraft-
und Bewegungsvorstellung mit Formen,
die der Natur, dem menschlichen Gefühls-

leben, der Bewegung des Menschen u.s. w.
entsprechen. Es gilt daher, dem Kinde
Natur und Leben anschaulich zu erschlies-
sen, sein Bewusstsein mit Frinnerungs-
bildern der Natur zu erfüllen. Die orga-
nische Schönheit einer architektonischen
oder kunsthandwerklichen Form kann nur
Der richtig würdigen, der aus der An-
schauung der Natur ein lebendiges Gefühl
für organisches Wachstum, für die Formen
des organischen Lebens hat. Dies allein
müssen wir dem Kinde mitteilen. Die
Kunst muss dazu helfen. Der Zeichen-
unterricht, der künstlerisch wirken soll,
kann nur auf die Natur begründet und
auch nur von künstlerisch gebildeten
Zeichenlehrern erteilt werden.

Durch diese naturalistische Reform
des Kunstunterrichtes — von dem hier der
Zeichenunterricht hervorgehoben wurde
— wird unsere Jugend auch wieder in
engere Verbindung mit der lebendig
schöpferischen Kunst der Gegenwart
kommen. Denn das Gesunde und Dauernde
dieser modernen Kunst ist gerade der
 
Annotationen