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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 2.1901-1902

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Hartmann, Anton: Zum ersten Kunsterziehungstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.6477#0101

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Anton Hartmann: Zum ersten Kunsterziehungstae

Wandschränkchen. Aus der Schreinerabteilung
der Slrassburger Kunstgewerbeschule, n n n n «

rischen Stilarten zu brechen und aus dem
Alten organisch das Neue zu entwickeln,
was hat es dann für einen Zweck, den
Kunstunterricht der Jugend von der Natur
loszulösen und den Kindern immer und
immer wieder zu sagen, dass das historisch
Gewordene ein für allemal das Schöne
sei, dass es ein Neues in der Kunst über-
haupt nicht geben könne?

Möchten doch unsere Pädagogen sich
alle klar darüber werden, dass Kunst-
erziehung kein pädagogischer Sport, keine
Austüftelung irgend einer unfehlbaren
Schulmethode, sondern Erziehung zur

Kunst, d. h. zur lebendi-
gen Kunst der Gegenwart
ist. Und möchten sie doch
festhalten, dass, wie die
Kunstsich weiterentwickelt, so
auch die Methode der Kunst-
erziehung fortwährend eine
andere werden muss. (?!) Dann
können wir vielleicht hoffen,
aus dem grossen friedlichen
Wettkampfe der Völker ,
den uns das 20. Jahrhundert
bringen wird, als Sieger
hervorzugehen.

Mit diesen Ausführungen,
mit denen man sich im All-
p-emeinen — manchmal schiesst
der Redner ohne Zweifel
über das Ziel hinaus — ein-
verstanden erklären kann,
schloss Prof. Lange seinen
Vortrag.

Vom kunstgewerblichen
Standpunkte aus ist diese
ganze Bewegung, wenn auch
die Methode der Kunst-
erziehung noch nicht ganz
klar erscheint, auf das
Wärmste zu begrüssen. Die
Erziehung zur ästhetischen
Genussfähigkeit wird inso-
fern auch in die Lösung
der sozialen Frage eingreifen,
als an den Kunstgewerbetrei-
benden mit der Zeit, wenn
nicht alle Zeichen trügen,
bedeutsame Aufgaben in wesentlich ver-
mehrter Zahl herantreten werden. Die
Notwendigkeit der staatlichen Unterstütz-
ung dieser Bestrebungen wurde nicht nur
betont, sondern auch bereitwillig aner-
kannt. Und so dürfen wir denn zuversicht-
lich hoffen, dass die grössere Pflege der
künstlerischen Erziehung nicht etwa zu
einer Förderung bestimmter künstlerischer
Sonderzwecke, sondern vor allem zu einer
umfassenderen Schätzung und zu einem
allgemeineren Verständnis der ernst zu
nehmenden Schöpfungen unseres neuzeit-
lichen Kunstgewerbes führen wird.
 
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