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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 2.1901-1902

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Seder, Anton: Über Bühnenausstattung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6477#0143

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Frof. A. Seder ■■ Ueber Bühnenausstattung.

nesi, sowie die Entwürfe des Theatermalers
Bibiena und seiner Schule kennt, kann
sich ungefähr einen Begriff von der künst-
lerischen Höhe der Bühnenausstattung
jener Zeit machen. Wenn man dazu noch
sieht, wie sorgfältig und mit welch emi-
nenter Technik solche Dekorationen gemalt
waren, so muss einem die heutige völlig
heruntergekommene Theatermalerei ge-
radezu traurig erscheinen. In jener Epoche
des Glanzes war in München am kur-
bayerischen Hoftheater die italienische
Theatermalerfamilie Quaglio thätig, welche
für die meisten deutschen Theater Schule
machte und durch Generationen die guten
alten Traditionen der italienischen Theater-
malerei aufrecht
erhielt. Es waren
die genialen Meis-
ter Simon und An-
gelo Quaglio, Va-
ter und Sohn, so-
wie einer der be-
gabtesten Schüler
des Simon Quaglio,
Georg Jank, welche
unter König Lud-
wig II. von Bayern
unter der direkten
Leitung Richard
Wagners dessen
Opern in München

ausstatteten. Eine Reihe von Modellen im
verkleinerten Massstabe, welche aus dem
künstlerischen Nachlass Ludwig II. hierher
gekommen sind, besitzt das hiesige Hohen-
lohe-Museum, und man kann sich darnach
freilich kaum einen Begriff von der
Wirkung und der sorgfältigen Ausführung
dieser zum Theil prächtigen, hoch künst-
lerischen Theaterdekorationen machen.

Zur Ausstattung des Bayreuther
Wagnertheaters wurden von dem Meister
zwei jüngere Theatermaler, die Gebrüder
Brückner in Coburg, herangezogen, welche
eine neuere Richtung mehr nach franzö-
sischem Vorbild einführten. Sie leisteten in
der Landschaft sehr gutes, in der Archi-
tektur aber blieben sie weit hinter den Mün-
chener Künstlern zurück. Ziemlich gleich-

zeitig waren die Gebrüder Brückner für
den überaus feinfühligen kunstverständigen
Herzog von Meiningen mit der Ausstat-
tung seines berühmt gewordenen Thea-
ters jahrelang beschäftigt und gerade
diese Dekorationen waren es, welche bei
den Tournees der Meininger fast in ganz
Europa bekannt geworden sind und welche
einen Umschwung in der deutschen Thea-
ter-Malerei, leider nicht zu deren Gunsten,
herbeiführten. Zum Lobe der Brückner-
schen Dekorationen sei es jedoch gesagt,
dass jedem Kenner die dekorative Aus-
stattung mancher Meininger Aufführungen,
wie z. B. des Wintermärchens, Wallen-
steins Tod, der Ahnfrau und anderer, ge-
radezu unvergess-
lich bleiben und
sicher immer zum
schönsten und wir-
kungsvollsten ge-
hören wird, was
deutsche Theater-
malerei in neuerer
Zeit hervorge-
bracht hat.

Durch die Auf-
gabe der alten
italienischen gedie-
genen Durchbild-
ung der architek-
tonischen Theater-
malereien, welche eine geschulte müh-
same und desshalb kostspielige Ausführung
voraussetzten, trifft die genannten Herren
der Vorwurf, zum Verfall der deutschen
Theatermalerei wesentlich beigetragen zu
haben. Denn von diesem Zeitpunkt ab ist
überall in Deutschland ein merkwürdig
rasches Verflachen in dieser Kunst zu
beobachten und es drängen sich seither
Leute ohne alle Schule und ohne Talent
zu diesem schwierigen Fache, welches ein
gediegenes Studium und hohe Begabung
neben langer Praxis unbedingt voraus-
setzt. Wer jedoch die heutigen Preise
kennt, welche für Theatermalereien bezahlt
werden, und wer sie mit denen vergleicht,
welche noch während der Wagnerperiode
in München, Berlin und Wien bezahlt

Dekorations-Skizze. Von G. Daubner.
 
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