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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 2.1901-1902

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Seder, Anton: Über Bühnenausstattung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6477#0145

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Prof. A. Seder: Ueber Bühnenausstattung.

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worden sind, eine Mehrausgabe, die unge-
fähr das sechsfache des heutigen Preises aus-
macht, der begreift, warum die heutigen
Theaterdekorationen, ganz abgesehen von
ihrem künstlerischen Wert, überhaupt nicht
mehr mit Farbe, sondern lediglich fast
nur mehr mit Leimwasser gemalt sind.
Auch für Leimwasser wird womöglich
noch ein Surrogat verwendet.

Das Publikum kann sich kaum darüber
eine Erklärung geben, warum bei der
brillantesten elektrischen Beleuchtung neue
Theaterdekorationen in der Regel dunkel,
stumpf und farblos aussehen. Der Grund
liegt an der schlechten Technik, welche
die Leuchtkraft der Farben durch zu
dünnes Auftragen der Farbe und durch
Leimwasser zerstört. Auch an der Farbe
wird eben gespart. Dem alten Fachmann
klingt es fast unglaublich, wenn er hört,
dass für den Quadratmeter Malerei, ob
Landschaft oder Architektur, 1,50 — 2 Mk.
höchstens bezahlt werden. In den Ateliers
der Quaglio wurden für reiche Architek-
turen noch in den 60 er und 70 er Jahren
des vorigen Jahrhunderts für den Quadrat-
fuss bis zu 8 Gulden bezahlt.

Da sich der schlechten Preise wegen
diese einst so hochstehende Kunst immer
mehr und mehr verflacht, ist man bestrebt,
diesem Zweig der Malerei wieder mehr

Aufmerksamkeit zuzuwenden und ist es
der bekannte Intendant des königl. Hof-
theaters in München, Ernst v. Possart, der
eine Theatermalerschule nach altem Vor-
bild einzurichten im Begriffe steht. War
es doch sein Vorgänger im gleichen Amte,
der die Parole ausgab: «Weg mit aller
Bühnenausstattung, Rückkehr zur Shake-
spearebühne » und selbe an der Münchener
Bühne, zur geringen Freude des Publikums,
einführte. Er hätte damit, wenn er Erfolg
gehabt hätte, einem mächtigen Bildungs-
mittel zur Kunsterziehung den Todesstoss
versetzt. Denn so viel ist sicher, dass
eine künstlerisch ausgestattete Bühne
hinsichtlich ihrer Dekorationen, historisch
getreuen Kostüme und Geräte ein in
keiner Weise zu unterschätzender, tief-
eingreifender Faktor zur Kunsterziehung
des Volkes ist. Der erzieherische Wert
der Bühne ist ja längst ohne allen Rück-
halt anerkannt; um so bedauerlicher ist
es, wenn man sieht, wie nach dieser künst-
lerischen Richtung hin unsere allerersten
Bühnen, welche unglaubliche Summen für
einen Tenor oder eine Primadonna ver-
schwenden, herunterkommen, so dass man
sich unwillkürlich fragt: «Ist denn für die
Pflege einer künstlerischen Bühnenaus-
stattung alles Verständnis abhanden ge-
kommen? »

Entwurf zur Gibichungenhalle aus der «Güuerdilmmtrung». Von G Dauhner
 
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