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Das Kunstgewerbe in Elsaß-Lothringen — 2.1901-1902

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Daubner, Georg: Über Bühnenmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.6477#0147

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Georg Daubner : Ueber Bühnenmaler ei.

Kerker aus der Oper «Samson und Dalila». Von G. Daubner.

teristischen Milieus für die vorgeführten
Menschen fordern und keineswegs ein
solches missen möchten. Warum empfinden
sie es dann nicht als einen Mangel, wenn
das Bühnenbild, dass sie hernach mit leib-
haftigen Augen sehen, den ihnen bekannten
Angaben nur teilweise oder gar nicht
gerecht wird; wenn dieser Hintergrund
verschwommen oder direkt falsch wieder-
gegeben ist?

In erster Linie hat dies wohl seinen
Grund darin, dass die Gelegenheit, wirk-
lich gute und stimmungsvolle Bühnen-
malereien zu sehen, dem grossen Publikum
viel zu wenig geboten wird, als dass es
in gutem Sinn etwas anspruchsvoller
werden könnte. Leider ist der Geschmack
der meisten Theaterbesucher in dieser
Beziehung nicht gerade verwöhnt und
auch nicht entsprechend fortgeschritten,
wie dies auf anderen Gebieten der Kunst-
anschauung der Fall ist. Nur wem die
Gelegenheit geboten ist, ein und dasselbe
Stück an verschiedenen Theatern in ver-
schiedener Ausstattung sehen zu können,
nur der wird den Wert einer guten,
künstlerisch ausgeführten Scenerie ein-
sehen, er wird an sich selbst beobachten
lernen, wie sehr die Gesamtwirkung der

Aufführung gerade hiervon abhängt. Denn
nicht immer ist mangelndes Verständnis
allein Schuld an der Interesselosigkeit des
Publikums. Selbst von Natur scharf beo-
bachtende Personen werden durch den
dauernden Anblick von minderwertigen
Dekorationen abgestumpft und verzichten,
um nicht in ihrem Genuss zu sehr gestört
zu werden, von vornherein darauf, die
Scenerie einer kritischen Betrachtung zu
unterziehen. Andere wiederum — und ihrer
sind viele — können sich, wenn sie sich
ein Urteil über Theaterdekorationen bilden
sollen, immer noch nicht von dem Ge-
danken freimachen : das ist ja doch alles
nur Flitter, Leinewand und Pappe. Es
braucht wohl kaum noch besonders be-
merkt zu werden dass solche Wirklich-
keitsfanatiker, die schon principiell die
tiefere Berechtigung des Dekorativen
leugnen, sich überhaupt gar nicht bemühen,
es ohne Voreingenommenheit zu prüfen,
und deshalb gänzlich unfähig sind, dem
dekorativen Element gerecht zu werden.
Nebenbei bemerkt, wird denselben Leuten
beim Betrachten eines Gemäldes schwer-
lich jemals der Gedanke aufgetaucht sein,
dass das ja schliesslich auch nur Leinwand
und Farbe ist. Sie halten eben so halb und
 
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