jZ
X
XI.III. Iayrgaiig.
München^ den s5. Lebruar (894-
M. 2.
unstgewexßLiAe
Veiölait zur
AeitMist i)es VaM. Künstzclvkröe-Zkreins.
LerkündigWßvlatt des Leröandes deütWek Kunstgewkrve-8ereink.
Bczug der „Zeitschrifc" fammt der „'Runftgcwcrblichcn Rundschau": Durch den
Bu^chb^ndedl e o st der die^Geschafisftell^chorß verla^, München^ ^öniginstr. öst.
wenn dieselben spätestens vicrzehn Tarre nach Erschcinen dcr folgcnden L-Iummer
nuf dem vereinssekretariat angemeldet werden.
«IcrauSgedcr - Bayer. Runstgewerbe-Verein, (s)fandhausstraße 7). — Redakrion:
f>rof. L. Gmelin, tuisenstraste (8). — Druck. Rnorr k Hirtst: sännntliche in München.
KKdinan!»
-N cine>n der herrlichsten Punkte des Nordrandes der
baycrischen Alpen, wc> die anniuthigen id^llischen See-
ncriecn des hügeligen vorlandes ans deni grandiosen
lsintergrunde gewaltiger, von ewigeui Schnee bedeckter
Gebirge ihre Reize doxpclt empfindcn lassen,
in Partenkirchen wurde Ferdinand Bartli am tt- No-
veuiber ^8-^2 geboren als Sohn eines Zininiermeisters.
Die Alpenbewohner, und sonderlich die in jener Gegend
hausenden, sind kluge, ausgeweckte Leute, jedoch nicht ohne
einen poetischen Anhauch, weil innigst verwachsen niit der
sie umgebenden Natur. Ls ist keine Willkürlichkeit, wenn
wir niit ihreni Natursinn den Sinn nnd die Anlage sür
die Aunst, die in dcr seit alten Zeitcn dort betriebenen
Schnitzcrei zu Tage tretcn, in Verbindung bringen.
Ferdinand Barth ist aus seinem Alpendorf in der Ge-
birgstracht hinabgewandert in die große Stadt in der Ebene.
Lr ist dort allmälig ein berühmter Aünstler gewordcn und
cin seiner lhcrr, der, wenn es galt, in elegantcr geschinack-
voller Stadtkleidung erschien und sich in der gewähltesten Ge-
sellschaft zu bewegen wußte. Aber zwischcnhinein, iin freien
Ncrkehr mit Freunden, kam die Lodenjoppe iniincr wieder
zum Vorschein. Aller städtische Lchliff und alle verfeinerung
konnten seiner Urwüchfigkeit nichts anhaben und wenn er
auch keute gezeichnet und gemalt hat, angethan mit Sainmet
und Seide und in der Salontracht, so tritt uns dagegen in
seinen zahllosen Aquarellbildern, Skizzen und vignetten das
srohe kcben und lVeben sciner heimatlichcn Natur entgegen.
Er hat fie nicht abgezeichnet als Naturalist, er entnahm ihr
nur Ulotive uud Anregungen. Sein Sinn weilte im Lande
dcr lUärchen und aus den einsamen Bauernhöfen wnrden
in seiner Phantasie die lsütte, wo lhänsel und Gretel an-
pochen und das lsaus, wo Schneewittchcn wohnt, nnd aus
den schönsten lUädchen seines Dorfes schnf er sich die lieblichen Gcstalten
der Sage vom Gänsemädchen an bis zur Prinzessin.
Mit der Poesie seiner Alxenheimath verwob sich bei ihm die
jdoesie einer alten Stadt, die auch etwas von einer Ukärchenatmosphäre
an sich hatte. Ls war Nürnberg, wohin der junge Bursche im Iahre
Z858, nachdem er bis dahin seinem vater an die l^and gegangen, zu-
erst seine Schritte richtete. Die vorherrschast von lNünchen in der
Aunst war damals noch nicht so nnbestritten wie heutzutage. Nürn-
berg dachte ihm den Rang streitig machen zn können, zumal im Aunst-
gewerbe, worauf es ja cine gute alte Anwartschaft besaß.
Die liunst- und Aunstgcwerbeschule unter A. v. Areling's
Leitung genoß mit Recht eincn großen Rns. Areling, selbst
mit einem schönen Talente und großer vielseitigkeit begabt,
wußte seinc Schüler zu begeistertem Schajfen anzuregen.
Zunächst aber handelte es sich für nnseren Barth
keineswegs darum, sich in dieser Schule dem Studium hinzu-
geben, denn er war, da seine Lltern für nicht weniger als
zwölf Ainder sorgcn mußten, darauf angewiesen, sich scinen
Lebensunterhalt zu verdienen. Dieß geschah in der lverk-
stätte des Vrnamentbildhaucrs Thicme, sür den er Schnitzer-
eien wie auch Steinarbeiten auszusühren hatte.
lllit der Zeit wurde es ihm dann möglich, unter Lnt-
behrnngen dem lvunsche seines lferzens zu genügen, an
der Aunstschule in die lllalerei eingeführt zu werden. Die
erste bemcrkenswcrthe Arbeit, welche er anf dicseui Gebiete
leistete, rvar eine Fahne für einen katholischen Gesellenverein.
/v-, Bald jedoch hieß es abermals zum Geldverdienen in die
b/ lverkstatt zurück, wobei der junge Aünstler aber Nürnberg
mit lNünchen vertauschte. Baurath Folz war es, der ihn
hier mit Schnitzarbeiten beschäftigte. Im Iahre Z866 wurde
er aus seiner künstlerischen Thätigkeit durch den Arieg
herausgerissen. Er hatte ihn mitzumachen als gewöhnlicher
Soldat, kehrte aber unversehrt daraus zurück und mit den
Litzen des Unterosfiziers.
Schon vor dem Arieg hatte sich Barth eine neue
CZuelle für seine Lxistenz eröffnet, indem seine anmuthigen
und geistreichen Zeichnungen den lvcg in die Fliegenden
Blätter fanden. Die verlagshandlung von Braun öd Schneider ließ sich
außerdem herbei, einen originellen, von Barth entworfenen Todtentanz
herauszugeben. Seine fruchtbare illustrative Thätigkeit ermöglichte es
nun unserem Aünstler auch, die Akademie zu beziehen, und in der
Schule von L. v. Piloft> seine Ausbildung als lUaler fortzusetzen.
Zu diesem Aufsatz gehören die Abbildnngen anf S. ^S, ^7, zy, 20 dieses Blattes, sowie jene auf S. ^8 des lfauptblattes.
X
(8HH. Runftgewerbliche Rundschau Nr. 2.
X
XI.III. Iayrgaiig.
München^ den s5. Lebruar (894-
M. 2.
unstgewexßLiAe
Veiölait zur
AeitMist i)es VaM. Künstzclvkröe-Zkreins.
LerkündigWßvlatt des Leröandes deütWek Kunstgewkrve-8ereink.
Bczug der „Zeitschrifc" fammt der „'Runftgcwcrblichcn Rundschau": Durch den
Bu^chb^ndedl e o st der die^Geschafisftell^chorß verla^, München^ ^öniginstr. öst.
wenn dieselben spätestens vicrzehn Tarre nach Erschcinen dcr folgcnden L-Iummer
nuf dem vereinssekretariat angemeldet werden.
«IcrauSgedcr - Bayer. Runstgewerbe-Verein, (s)fandhausstraße 7). — Redakrion:
f>rof. L. Gmelin, tuisenstraste (8). — Druck. Rnorr k Hirtst: sännntliche in München.
KKdinan!»
-N cine>n der herrlichsten Punkte des Nordrandes der
baycrischen Alpen, wc> die anniuthigen id^llischen See-
ncriecn des hügeligen vorlandes ans deni grandiosen
lsintergrunde gewaltiger, von ewigeui Schnee bedeckter
Gebirge ihre Reize doxpclt empfindcn lassen,
in Partenkirchen wurde Ferdinand Bartli am tt- No-
veuiber ^8-^2 geboren als Sohn eines Zininiermeisters.
Die Alpenbewohner, und sonderlich die in jener Gegend
hausenden, sind kluge, ausgeweckte Leute, jedoch nicht ohne
einen poetischen Anhauch, weil innigst verwachsen niit der
sie umgebenden Natur. Ls ist keine Willkürlichkeit, wenn
wir niit ihreni Natursinn den Sinn nnd die Anlage sür
die Aunst, die in dcr seit alten Zeitcn dort betriebenen
Schnitzcrei zu Tage tretcn, in Verbindung bringen.
Ferdinand Barth ist aus seinem Alpendorf in der Ge-
birgstracht hinabgewandert in die große Stadt in der Ebene.
Lr ist dort allmälig ein berühmter Aünstler gewordcn und
cin seiner lhcrr, der, wenn es galt, in elegantcr geschinack-
voller Stadtkleidung erschien und sich in der gewähltesten Ge-
sellschaft zu bewegen wußte. Aber zwischcnhinein, iin freien
Ncrkehr mit Freunden, kam die Lodenjoppe iniincr wieder
zum Vorschein. Aller städtische Lchliff und alle verfeinerung
konnten seiner Urwüchfigkeit nichts anhaben und wenn er
auch keute gezeichnet und gemalt hat, angethan mit Sainmet
und Seide und in der Salontracht, so tritt uns dagegen in
seinen zahllosen Aquarellbildern, Skizzen und vignetten das
srohe kcben und lVeben sciner heimatlichcn Natur entgegen.
Er hat fie nicht abgezeichnet als Naturalist, er entnahm ihr
nur Ulotive uud Anregungen. Sein Sinn weilte im Lande
dcr lUärchen und aus den einsamen Bauernhöfen wnrden
in seiner Phantasie die lsütte, wo lhänsel und Gretel an-
pochen und das lsaus, wo Schneewittchcn wohnt, nnd aus
den schönsten lUädchen seines Dorfes schnf er sich die lieblichen Gcstalten
der Sage vom Gänsemädchen an bis zur Prinzessin.
Mit der Poesie seiner Alxenheimath verwob sich bei ihm die
jdoesie einer alten Stadt, die auch etwas von einer Ukärchenatmosphäre
an sich hatte. Ls war Nürnberg, wohin der junge Bursche im Iahre
Z858, nachdem er bis dahin seinem vater an die l^and gegangen, zu-
erst seine Schritte richtete. Die vorherrschast von lNünchen in der
Aunst war damals noch nicht so nnbestritten wie heutzutage. Nürn-
berg dachte ihm den Rang streitig machen zn können, zumal im Aunst-
gewerbe, worauf es ja cine gute alte Anwartschaft besaß.
Die liunst- und Aunstgcwerbeschule unter A. v. Areling's
Leitung genoß mit Recht eincn großen Rns. Areling, selbst
mit einem schönen Talente und großer vielseitigkeit begabt,
wußte seinc Schüler zu begeistertem Schajfen anzuregen.
Zunächst aber handelte es sich für nnseren Barth
keineswegs darum, sich in dieser Schule dem Studium hinzu-
geben, denn er war, da seine Lltern für nicht weniger als
zwölf Ainder sorgcn mußten, darauf angewiesen, sich scinen
Lebensunterhalt zu verdienen. Dieß geschah in der lverk-
stätte des Vrnamentbildhaucrs Thicme, sür den er Schnitzer-
eien wie auch Steinarbeiten auszusühren hatte.
lllit der Zeit wurde es ihm dann möglich, unter Lnt-
behrnngen dem lvunsche seines lferzens zu genügen, an
der Aunstschule in die lllalerei eingeführt zu werden. Die
erste bemcrkenswcrthe Arbeit, welche er anf dicseui Gebiete
leistete, rvar eine Fahne für einen katholischen Gesellenverein.
/v-, Bald jedoch hieß es abermals zum Geldverdienen in die
b/ lverkstatt zurück, wobei der junge Aünstler aber Nürnberg
mit lNünchen vertauschte. Baurath Folz war es, der ihn
hier mit Schnitzarbeiten beschäftigte. Im Iahre Z866 wurde
er aus seiner künstlerischen Thätigkeit durch den Arieg
herausgerissen. Er hatte ihn mitzumachen als gewöhnlicher
Soldat, kehrte aber unversehrt daraus zurück und mit den
Litzen des Unterosfiziers.
Schon vor dem Arieg hatte sich Barth eine neue
CZuelle für seine Lxistenz eröffnet, indem seine anmuthigen
und geistreichen Zeichnungen den lvcg in die Fliegenden
Blätter fanden. Die verlagshandlung von Braun öd Schneider ließ sich
außerdem herbei, einen originellen, von Barth entworfenen Todtentanz
herauszugeben. Seine fruchtbare illustrative Thätigkeit ermöglichte es
nun unserem Aünstler auch, die Akademie zu beziehen, und in der
Schule von L. v. Piloft> seine Ausbildung als lUaler fortzusetzen.
Zu diesem Aufsatz gehören die Abbildnngen anf S. ^S, ^7, zy, 20 dieses Blattes, sowie jene auf S. ^8 des lfauptblattes.
X
(8HH. Runftgewerbliche Rundschau Nr. 2.