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Mühe und Arbeit hatte ihm dieses Werk viel gekostet, Geld war
ihm wenig geblieben — er hatte aber schon vorher auf eine neue
Weise gesonnen, seine künstlerischen Gestaltungen in einem Material !
herzustellen, welches leichter zu bearbeiten war und dieses im ge-
brannten Thon gefunden, der jedoch gegen die Unbilden der
Zeit geschützt werden mußte. Wohl anknüpfend an die bisherigen
Traditionen der Töpferschule von Majorka, ließen ihn seine viel-
fachen Versuche in einem glasirten Ueberzug von Zinn, Glätte,
Antimon und anderen Mineralien und Mischungen einen Ueberzug her- '
stellen, der den Thonarbeiten einen Glanz und eine Härte gab, daß
dieselben, welche dazu noch ein marmorartiges Aussehen hatten,
allen Einflüssen der Temperatur trotzen konnten.

Diese Erfindung geschah int Jahre 1446 und sein erstes Werk dieser
Art war die Verzierung des Bogens über der Bronzethüre mit
einer Auferstehung, welche ihm im Oktober dieses Jahres in Auf-
trag gegeben wurde. Es existirt über diese Bestellung noch die
Urkunde, welche zugleich einen andern Jrrthum aufhellt, der darin
bestand, daß man bisher annahm, Lucca habe erst im Laufe der
Zeit bei seinen Reliefs Farben angewandt; allein in der erwähn-
ten Urkunde war schon bedungen, daß Berge und Bäume im Relief
mit natürlichen Farben dargestellt werden sollen.

Dieser erste Versuch hatte einen durchschlagenden Erfolg und
es wurde dem Lucca von den Vorstehern des Baues sogleich der
weitere Auftrag gegeben, über der andern Thüre, unter der von
Donatello verzierten Orgel das Gegenstück in einer 'Himmelfahrt
Christi anzufertigen.

Lucca della Robbia hatte mit seiner neuen Erfindung und der
künstlerischen Durchführung seiner Aufträge sich nicht blos einen
bedeutenden Namen gemacht, sondern war der Löwe des Tages
geworden.

Massenhafte Aufträge nicht blos von Italien für Kirchen,
Klöster und Fürsten — unter diesen namentlich des Cosinus von
Medici Sohn Pietro — sondern auch von florentinischen Kaufleu-
ten für Frankreich und Spanien bestimmten den Lucca, seine Brü-
der Ottaviano und Agostino, die geübte Bildhauer in Marmor und
Bronce waren, in seinem Melier als Gehilfen zu beschäftigen, welche
auch nach seinem Tode sein Werk fortsetzten und die Kunst noch
weiter ausbildcten.

Schon zu Lebzeiten Lucca's hatte man in seiner Töpferwerk-
stättc auch Gefäße für den häuslichen Gebrauch, den Prunk der
Gemächer in den Bereich der Thätigkeit gezogen und Prunkschalen,
Tafelaufsätze, Teller, Platten mit Blumen und Fruchtkränzcu in
natürlicher Bemalung aus dem Atelier hervorgehen lassen und da-
durch diesem Kunstindustriezweig die namhafteste Ausdehnung ge-
geben ; nach des Bruders Lucca Tode bildete diese Thätigkeit einen
Hauptzweig der Fabrik, welche durch zwei Generationen von der
Familie geleitet Wurde. Denn nach Ottaviano's und Agostino's
Ableben übte der Neffe Lucca's, Namens Andrea, diese Kunst wei-
ter, und als dieser im Jahre 1528 gestorben war, traten zwei
seiner Söhne, Lucca und Girolamo in seine Fußtapfen ein. Lucca
war besonders geschickt in diesen Arbeiten und sind von ihm die
bemalten und glasirten Tafeln, mit welchen der Fußboden der von
Rafael ausgemalten Zimmer und die Loggien im Batican belegt sind.

Girolamo, der ebenso geschickt in Marmor und Bronce wie in
Terracotta arbeitete, folgte einem Rufe des Königs Franz I. nach
Paris und berief später auch dahin seinen Bruder Lucca, der aber
1553 starb. Vereinsamt und ohne Kinder zog cs ihn mit Gewalt
in seine Heimat, wo er bei Cosmus I. Beschäftigung hoffte, allein
da dieser in einen Krieg mit Siena verwickelt war, fand er kein
Gehör und so kehrte er nach Paris zurück, wo er ohne Söhne und
Schule zu hinterlassen starb.

Doch mit ihm war sein Geheimnis; nicht ausgestorben, indem
■ eine Tochter aus dem Hause Robbia an einen Andrea Beuedetto
Buglioni, einen Zeitgenossen Verrocchio's, verheiratet war, von dem
noch Denkmäler erhalten sind. Erst mit dessen Sohn Santi Bu-

glioni f 1568 scheint bei dessen Tod das Geheimniß verloren ge-
gangen zu sein.

Wenn sich nun auch seit der Mitte des 15. Jahrhunderts
künstlerisch verzierte Geschirre, unter andern Gefäße in der Art
in Perlmutter spielend oder in einer Art von Vergoldung (durch
eine Auflösung der Bleiglätte der Glasur), oder mit Verzierungen
von Brustbildern, Arabesken u. s. w. finden und wir gesehen ha-
ben, daß auch kunstvolle Geschirre noch zu Lebzeiten des alten
Lucca della Robbia und mehr noch unter seinem Bruder in Florenz
fabricirt wurden, so verbindet man doch mit dem Namen „della
Robbia Arbeit" vorzugsweise den Sinn einer mehr oder minder
reliefirten Terracottaarbeit mit eingeschmelzten Farben, so daß diese
von den übrigen -bemalten Flächenverzierungen der Majoliken an-
derer Schulen sehr zu unterscheiden ist.

Ueberhaupt scheint es hier am Platze zu sein, auf die ver-
schiedenartigen Classen der Majoliken aufmerksam zu machen, um
einer möglichen Begriffsverwirrung und Mißverständnissen vor-
zubeugen.

Technisch unterscheidet man von den Majoliken oder wie die
Franzosen sie nennen, italienischen Fayencen, drei Classen:

1. Halb Majoliken (Mezza Majolica), d. h. solche Töpfer-
waaren, bei welchen man sich der weißen Kreidedecken unter einer
durchsichtigen Bleiglasur bediente. Sic haben in der Regel eine un-
reine Glasur, und um diesen Fehler einigermaßen zu verdecken, be-
malte man sie meistens. Nach Riocreux sollen die spanisch-maurischen
Fabrikate nur Mezza Majolica gemacht haben, so daß wir demnach
auch die ältere italienische Waare bis auf Lucca della Robbia und
die Erzeugnisse der nmbrischen Schule (Urbino u. s. w.) bis gegen
1500, wo diese erst das Zinnemail herausbrachte, als Mezza Majo-
lica zu betrachten haben.

2. Emaillirte Terracotten (meist reliefirte Arbeit) oder
Della Robbia-W aare.

3. B e in a l t e Majoliken.

Bei den letzteren unterscheidet man wieder 4 Epochen.

,Die Majoliken der ersten Periode von 1450—1520 sind in
der Regel große Platten und nur ans Einer Seite cmaillirt. Sie
zeigen eine brillante Farbengebung, auch in blau und gelb, häufig
mit metallischem Reflex oder irisirend, aber niemals haben sie Roth,
das durch ein schmutziges Violet vertreten wird.

Die Fabrikate der zweiten Epoche von 1520—1530 haben
einen minderen Umfang ; meistens sind es kleine Platten und Teller,
ihre Ränder schmücken Arabesken in gelb oder rubinfarbig mit me-
tallischem Reflex.

Die dritte Periode reicht von 1530—1569. Die Fabrikate
werden wieder größer und sind mit mythologischen Darstellungen
in reichen und lebendigen Gruppen geschmückt, welche sich über die
Gesammtfläche der Platte, der Schale oder des Tellers, also auch
über den Rand hinziehen.

Die Erzeugnisse der vierten Epoche von 1569—1590 gehören
bereits der Verfallzeit an und charakterisiren sich durch ungenaue
und mangelhafte Zeichnung, matte, verschwommene Färbung und
Mangel an Wirkung. Gewöhnlich sieht man die Darstellungen
von Arabesken an den Rändern umrahmt, deren Grund jedoch
weiß gehalten ist.

Uebrigens sind in den Malereien auf Majolika-Geschirren,
welche der Geschichtsmalerei angehören, neben den mythologischen
auch religiöse, historische und allegorische Gegenstände behandelt,
die historischen meistens der römischen Geschichte des Livius, die mytho-
logischen aber fast ausschließlich den Metamorphosen Ovid's ent-
nommen, welche damals gerade zur Blüthezeit der Majolika-Kunst-
industrie Annibale Caro in's Italienische übersetzt und sie dadurch
allgemein zugängig gemacht hatte. Das landschaftliche Element tritt
erst um 1560 ans.

Ich habe oben angedeutet, wie schon in der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts im mittleren Italien verschiedene Töpferwerkstätten
entstanden waren, welche sich mit dem Produciren der Majolikawaare
 
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