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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der K[aiserlich-]K[öniglichen] Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale - Beiblatt für Denkmalpflege — 1908

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Heft 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.26206#0024
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NOTIZEN

Zwei Bilder auf Schlot) Rosenburg

i.

Ein datiertes österreichisches Bild des XV. Jhs.
kann bei dem schmerzlich empfundenen Mangel an
bekanntem Material aus jener Zeit immer einige Teil-
nahme beanspruchen, in erhöhtem Maße ist das der
Fall, wenn es wie das hier abgebildete (Fig. 5) künst-
lerische Qualitäten und ikonographisches Interesse
vereinigt. Die Darstellung der Dreifaltigkeit in Form
dreier völlig gleichgestalteter Männer ohne Attribute,
die die drei Personen der Trinität kennzeichnen,
scheint gerade in unseren Alpenländern nicht selten
gewesen zu sein; denn hier haben sich verschiedene
Beispiele dafür erhalten (z. B. Töpferaltar aus der
Stephanskirche in Wien, jetzt in St. Flelena bei Baden,
Tafelbild in der Leehkirche in Graz, Fresko in der
Dominikanerkirche in Lienz usw.), obwohl sie die
Kirche seit dem XVI. Jh. nicht gern sah und sie in
das Verdammungsurteil über die Trinitätsdarstel-
lungen mit drei Köpfen auf einem Körper — „mon-
strum in rerum natura“ nennt sie der hl. Antoninus
von Florenz — halb und halb einschloß. Aber ein

Fig. 5 Rosenburg, Dreifaltigkeitsbild

direkter Bannstrahl traf sie nicht, auch nicht in der
für diese Bilder richtunggebenden Konstitution Papst
Benedikts XIV. vom 1. Oktober 1745 „Sollicitudini
nostrae“1), und sie genossen zumeist der Milde, die
Jacob Sadolet empfiehlt „in his, quae licet non sint
absolutae pietatis, tarnen non sunt cum impietate
coniuncta“ (Epistol. Lib. XXV)2).

Das Bild, das von 1493 datiert und durch das
Alliancewappen Roggendorf-Wildhaus wohl auch
näher lokalisierbar ist, gehört zu den nicht ganz
seltenen Votivbildern, von denen noch nichts in ge-
nügender Weise publiziert ist, obwohl gute und wegen
der Datierung wichtige Stücke leicht erreichbar sind.
Ich nenne als Beispiele das Votivbild des Ritters
Jörg von Pottendorf von 1467 aus Ebenfurth, das
des Ritters Jesse Sax von 1473, jetzt im Wiener
städtischen Museum, das des Florian Winkler von
1477 im Rathaus in Wiener-Neustadt3), das des Hans
Dachpeckh in Röhrenbach bei Greillenstein usw.
Immer deutlicher empfinden wir, wie dringend not-
wendig erst dieses und ähnliches Material bekannt
werden muß, ehe wir auf dem viel umstrittenen Ge-
biet der südostdeutschen Kunst einigermaßen festen
Boden erlangen können. Denn zu den Fäden, die
aus Böhmen und Bayern, aus Italien und den Nieder-
landen, aus der fränkischen Werkstatt der Nürnberger
Quattrocentisten und aus der oberrheinischen Martin
Schongauers nach Österreich verfolgbar sind, gesellt
sich hier als neuer Einschlag ein sichtbarer Zu-
sammenhang mit der Kunst Hans Holbeins d. Ä. (vgl.
sein Bild mit dem gleichen Gegenstand in der Augs-
burger Galerie). Die stille Feierlichkeit der Gesamt-
anordnung, der schwermütige Typus der göttlichen
Personen mit den langgezogenen Gesichtern, Haltung
und Ausdruck der Madonna, der Aufbau des Ganzen
über dem quadrierten Fußboden — all das stimmt
genug mit dem Augsburger Meister überein, um
auch ihm sein Körnchen Einfluß auf Österreich zu-
zugestehen.

2) Vgl. Christliches Kunstblatt 1904, 91.

2) Über die Ikonographie der Dreifaltigkeit im all-
gemeinen cf. Detzel, Christi. Ikonographie I 5 8 ff.; Didron,
Histoire de Dieu 456; Molanus, De Historia SS. Imagi-
num, Lovanii 1594, 17 ff. u. 187.

3) Die Abbildungen in den Berichten und Mitteilungen
des Wiener Altertumsvereins XXV können nicht mehr als
genügend angesehen werden.
 
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