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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der K[aiserlich-]K[öniglichen] Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale - Beiblatt für Denkmalpflege — 1908

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Heft 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.26206#0028
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Notizen

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Stiles vollstes Interesse. Neben einer Reihe frag-
mentierter Werkstücke mit verschiedenartigen Flecht-
werksornamenten, die sich im Fußboden und Mauer-
werke des Kirchleins zerstreut finden, enthält die
Vorderfassade mehrere Steine mit figuralen Dar-
stellungen. Rechts neben dem Kirchentore ist eine
20 cm hohe, ungefähr 1 m lange, in zwei Teile ge-
brochene Leiste eingemauert, die ein Flachrelief
zehn, fast ornamental behandelte Köpfe (en fafe)
trägt, die nebeneinander auf einer Flechtborte auf-
gestellt erscheinen. Im Sockel der Fassade (rechts)
ist eine Platte (?) eingemauert, welche die anti-
thetische Gruppe von fressenden Pfauen mit Ranken-
werk als Mittelglied an ihrer Stirnseite zeigt. Ein
Fragment, in die Giebelpartie eingemauert, bringt
das Bild eines schreitenden Löwen, um dessen Leib
sich eine Schlange windet.

Diese Fundstücke stammen aus einem Schutt-
hügel, wenige Schritte nördlich des Kirchleins ge-
legen, der nach dem aus ihm hervorragenden Bau-
reste zweier Apsiden die Ruinen eines frühen christ-
lichen Kultbaues zu bergen schien. Um denselben in
seinen Resten bloßlegen und der wissenschaftlichen
Untersuchung zuführen zu können, bewilligte die
Societa Istriana di archeologia e storia patria eine
größere Summe und übertrug die Aufgabe, den ge-
nannten Fundplatz durchzugraben und zu unter-
suchen, den Herren Prof. Dr. A. Puschi und Schul-
leiter Rismondo.

Die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen,
verzeichnen aber schon jetzt reiche, wertvolle Er-
gebnisse.

Vom baulichen Einrichtungsbestande ist so viel
Detail erhalten, daß das Grundrißarrangement der
Kirche lückenlos verfolgt werden kann. Wertvolle
Stücke der Innenarchitektur konnten gewonnen
werden, unter ihnen gut erhaltene Chorschranken-
tafeln mit reicher Skulpturarbeit (dreisträhnige
Flechtwerksornamente mit figuralen Motiven), Relief-
fragmente mit rohen Darstellungsversuchen einer
Szene aus dem christologischen Zyklus, ferner
kleinere inschriftliche Fragmente.

Eine Begehung der weiteren Umgebung des
Fundplatzes zeigte deutlich Spuren antiker Besied-
lung durch eine ländliche Einzelsiedlung, an die sich
hier ebenso, wie ich es wiederholt im .südlichen

Istrien gelegentlich der topographischen Landes-
durchforschung feststellen konnte, ein kleiner christ-
licher Kultbau schon in sehr früher Zeit anschloß,
der sich zu der ausgegrabenen kleinen Basilika
mit angrenzender Nekropole entwickelte. Im späten
Mittelalter liegen dann die ungezählten kleinen
Kirchenbauteu Süd-Istriens meist in Trümmern.
Viele sind niemals reaktiviert worden. Eine Anzahl
dieser ländlichen Kultanlagen wird aber im XV. Jh.
renoviert1), oder es wird nächst der zur Ruine ge-
wordenen Kirche ein neuer Bau errichtet, wie neben
vielen anderen istrischen Beispielen die Anlagen
von S. Michele di Bagnole zeigen.

A. Gnirs

Mein Ruf sind Felsenhieroglyphen

Längs der Straße, die von Spalato nach dem
Böcklinschen Paludikloster führt, kann der Wanderer
in der Nähe des Bauplatzes, der für das neue Museum
von Spalato bestimmt ist, ein sonderbares Lapidarium
sehen. Große Steinhaufen liegen da, teils einfach be-
arbeitete Blöcke, teils Werksteine mit romanischen
Profilierungen und Ornamenten. Auf die Frage, wozu
diese Steinhaufen hier aufgeschüttet wurden, erfährt
er, daß sie als Baumaterial für das neue Museum
verwendet werden sollen, und fragt er vorwitzig
weiter, woher die Steine stammen, wird ihm gesagt,
das wären Spoglien vom alten Domkampanile, die
bei den in letzten Jahrzehnten durchgeführten Re-
staurierungsarbeiten vom Turme weggenommen und
neu ausgeführt wurden. Ich sah selten ein so herr-
liches Steinmaterial in einer so glänzenden Erhaltung.
Man hat um diese Bauteile, welche die künstlerische
Originalhandschrift der Erbauer des Turmes tragen,
das alte Denkmal beraubt, weil man sie für schad-
haft erklärte und man verwendet sie bei einem Neu-
baue wieder, weil man sich sonst kaum so billig ein
so gutes Baumaterial verschaffen könnte. Diese Er-
sparnis hat freilich 800.000 K gekostet. M. D.

’) Gleiche geschichtliche Entwicklung zeigt die Basilika
in Val Madonna auf Brioni grande; vgl. meine bezügliche Be-
merkung im Jahreshefte des Inst. X, Sp. 51 f., zu den Kirchen-
ruinen S. Hermagoras und S. Canziana bei Pola usw.
 
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