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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der K[aiserlich-]K[öniglichen] Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale - Beiblatt für Denkmalpflege — 1908

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Heft 2-3
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Jeřábek, Lubomír: Ein Promemoria über die Hauszinsbefreiung alter Privatgebäude
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https://doi.org/10.11588/diglit.26206#0038
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59

L. JerAbek Ein Promemoria über die Hauszinsbefreiung alter Privatgeböude

6o

malerischen Charakter der Städte bedingen, Sorge ge-
tragen werde. Es ist dies um so notwendiger, als es
sich dabei um ein Gemeingut handelt, welches immer
seltener und kostbarer wird und in keiner Weise
ersetzt werden kann. Doch auch wirtschaftliche
Interessen fordern die Erhaltung alter historisch und
künstlerisch wertvoller Privatgebäude. In Städte,
die der malerische und historische Charakter der
Straßen und Plätze auszeichnet, ergießt sich immer
mehr der Strom der Touristen, der für jede Stadt
die Steigerung der Geldeinnahmen, eine finanzielle
und wirtschaftliche Hebung der Bevölkerung und
durch den höheren Erlös der Steuern und Abgaben
auch einen Nutzen für die Staatsfinanzen bedeutet.

Es ist deshalb in höchstem Maße wünschens-
wert, daß die österreichische Finanzgesetzgebung
nach dieser Richtung hin bald ergänzt werde, und
zwar nicht etwa durch ein Spezialgesetz für eine
bestimmte Stadt oder ein bestimmtes Land, sondern
durch allgemeine finanzielle Vorteile, die dem Eigen-
tümer alter künstlerisch wertvoller Gebäude die Er-
haltung derselben ermöglichen würden, was wirk-
samer sein dürfte als drakonische (wie in Italien
oder Frankreich) nicht durchführbare Verordnungen.

Den Entwurf eines solchen Gesetzes legt der
Gefertigte der Z. K. zur benevolenten Erwägung vor:

1. Eine gesetzliche Begünstigung für die Haus-
zinssteuer ist jenen Hausbesitzern zu gewähren, deren
Häuser durch eine eigene Kommission auf Verlangen
der Besitzer als geschichtlich, kunstgeschichtlich oder
für das Stadtbild wichtig und charakteristisch an-
erkannt werden.

2. Diese Kommission besteht aus einem oder
zwei Vertretern der Finanzbehörde, aus zwei Sach-
verständigen im Baufache (nach Möglichkeit Archi-
tekten), einem Historiker und einem Kunsthistoriker,
die von der Z. K. zu bestimmen sind, dem zuständigen
Konservator, aus einem Vertreter der Gemeinde, aus
je einem Vertreter des Landes und Gemeindesanitäts-
amtes (und eventuell je einem Vertreter der Landes-
und Gemeindekunstkommission).

3. Wenn diese Kommission mit einfacher Stim-
menmehrheit beschließt, daß dem Hause, welches
den Gegenstand der kommissionellen Verhandlung
bildet, die unter 1 angeführten Eigenschaften zuer-
kannt werden können und wenn sich dieses Haus in
einem solchen Bauzustande befindet, daß seine Er-
haltung auf eine Reihe von Jahren gewährleistet er-
scheint, so ist dem Besitzer die gesetzliche Hauszins-
steuerbefreiung oder Erleichterung (auf 12—15—20
Jahre) unter folgenden Bedingungen zuzuerkennen:

ä) daß er längstens in einem Jahre auf Grund
der von der genannten Kommission gegebenen Di-

rektiven und auf Grund eines diesen Direktiven ent-
sprechenden und von den Bausachverständigen ge-
nehmigten Projektes eine Sicherung des Bauzustan-
des des Hauses vornimmt. Die genannte Kommission
kann die ganze oder teilweise Befreiung von dieser
Pflicht bei einem besonders guten Bauzustande des
Hauses verfügen;

b) daß besonders die Fassaden oder andere
künstlerisch, kunstgeschichtlich oder malerisch wich-
tige Teile der Häuser, wie z. B. Dächer, Giebel, Höfe,
Gärten nach den Ratschlägen der Kommission in der
Weise gesichert und hergestellt (nicht restauriert)
werden, daß der Alters- und Stimmungswert des Ge-
bäudes erhalten bleibt und streng vermieden wird,
was ihn beeinträchtigen könnte;

c) ferner hat der Hausbesitzer nach den von
der Kommission gegebenen Direktiven und auf Grund
von Plänen, die von den Sachverständigen im Bau-
fache genehmigt wurden, Adaptierungsarbeiten im
Innern des Gebäudes vorzunehmen, die den mo-
dernen sanitären Bedürfnissen entsprechen und das
Haus nach dieser Richtung hin einwandfrei machen
oder den modernen Anforderungen auf Komfort und
Bequemlichkeit entgegenkommen. (So z. B. Her-
stellung von Bädern, Klosetts, Beleuchtung und Er-
weiterung der Stiegenhäuser, Ventilation und Be-
leuchtung der Gänge und Vorzimmer usw.);

d) der Hausbesitzer ist verpflichtet, eine ihn
und seine Nachfolger bindende grundbücherlich ein-
zuverleibende Erklärung abzugeben, daß er das Haus
ohne Zustimmung der Kommission nicht demolieren
läßt, widrigenfalls er den ganzen Betrag, den er an
Hauszinssteuerbefreiung genossen hat, pro rata tem-
poris et quanti zurückerstatten muß;

e) die Befreiung oder Begünstigung wird nicht
gewährt, solange nicht kommissionell festgestellt
wurde, daß der Hausbesitzer allen gesetzlichen und
von der Kommission aufgestellten Bedingungen nach-
gekommen ist.

Motivierung.

Es handelt sich in diesem Entwürfe um eine
dauernde, praktische, den Zeiterfordernissen und zu-
gleich den modernen hygienischen und Anforderungen
des Komforts angepaßte Form des gesetzlichen
Schutzes von Gebäuden im Privatbesitze, welche
kunstgeschichtlich oder für das alte und malerische
Stadtbild von Bedeutung sind.

Aus öffentlich-rechtlichen Interessen erscheint
es im Hinblicke auf die Bedeutung der genannten
Denkmale als unschätzbarer, allgemeiner Kulturgüter
notwendig, deren dauernden ausreichenden Schutz
in der Weise zu erzielen, daß es dem Besitzer durch
 
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