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^Dcr Freiheit Morgenröthe
Erhebt sich, lichtbeschwingt;
Deö Friedens Zauberflöte
Durch alle Gauen klingt.
Da stellen sich die Sänger
Zu muntern Friedensreih'n
Und auch der Vogelfänger,
Herr Papageno ein.
Zum Dönhossplatze wallen
Sie Alle froh und dicht;
In diesen heil'gen Hallen
Kennt man die Rache nicht.
Die hundertköpf'ge Hyder
Der Zwietracht ist erlegt.
Sie streckt die kalten Glieder
Am Boden unbewegt.
Die Geier und die Greise,
Sie sind erstarrt zu Stein;
Des Vogelfängers Pfeife
Hat sie geschläfert ein.
Und mit Posaunenschallen
Löwe-Sarastro spricht:
In diesen heil'gen Hallen
Kennt man die Rache nicht.

Doch von dem grünen Tische
Erklingt das süße Wort:
Von deiner Stirne wische,
O Volk, die Falten fort!
Last ab. dick zu versenken
In böser Tage GrauS;
Lösch' deines Leids Gedenken
Und all dein Grollen auS.
Nach dem. waS vcrgefaUen.
Führt Liebe mich zur Pflicht!
Zn diesen heil'gen Hallen
Kennt man die Rache nicht.
Wohl haben wir zwei Beide
Von Liebe nichts gewuht:
Waö dir geschah zu Leide,
Geschah oft mir zur Lust.
Was du für dich erflehtest,
Behielt ich gern sür mich;
Und wie du mich verschmähtest.
So auch verschmäht' ich dich.
Fortan will ich vor Allen
Dich lieben als mein Licht!
Zn diesen heil'gen Hallen
Kennt man die Rache nicht.

Za, Liebe ist mir nothig;
Die sollst du traut mir weih'n.
Zch bin da kür erbötig.
Aucb dir gerecht zu sein.
Vergib, wenn ick tick schmerzte;
O schenk' mir obne Scheu
Die Liebe, die verscherzte,
Und schenk' mir deine Treu'.
Selbander last uns wallen
Mit beitrem Angesicht!
In diesen bcil'gen Hallen
Kennt man die Rache nicht.
Und sebt! Von allen Bänken —
Wer sagt, wie daS geschah? —
Welch fröhlich Tücherschwenken!
Welch jubelnd lauteS: Za!
Rur Fünfundsiebzig blieben
Da sitzen stumm und trist;
Sie wollen halt nicht lieben
Und jubeln nicht zur Frist,
Jndcß der Freude Lallen
DaS ganze HauS durchbricht:
In diesen heil'gen Hallen
Kennt man die Rache nicht!

Indemnität! Vergessen! —
O Wort, so brüderlich!
An ihre Herzen pressen
Die ält'sten Feinde sich:
Der Löwe und ein Junker,
Die liegen, Arm in Arm.
Dem Wagner deckt Herr Duncker
Den Mund mit Küssen warm.
Man hört der Küsse Schallen
BiS hin zum Stadtgericht!
In diesen heil'gen Hallen
Kennt man die Rache nicht.

Indemnität! Vergeben —
Vergessen — ach! wie lang'
Harrt manch verlornes Leben
Auf dieser Worte Klang!
Wann öffnet sich die Pforte
Dem, der in Nacht versenkt?
Dem freudenreichen Worte,
DaS ihm die Freiheit schenkt? —
Horch! Horch! Die Riegel fallen,
Und eine Stimme spricht:
In diesen heil'gen Hallen
Kennt man die Rache nicht!

Kladderadatsch.

(

Uon der argen JTotfj, so Frankfurt betroffen.
Aus einer alten Chronik des Sladlschreibers.

Im Jahre deS Heils, da man schrieb Eintausend achthundert sechs und
sechszig, war Frankofurt ein gar blühend Reichsstädtlein durch Handel und Wandel
und allerlei Gewerk, so daß die Bürger batten wohl zu leben, schaueten stolz
um sich und wiegeten die Köpf' gar steif in den Halskrausen. Denn, traun,
Wenige gab'S auch in denen Teutschen Landen, so der Goldgülden mehr in der
Trübe hatten, als die Kaufherren zu Frankfurt.
Da begab sich'S im selbigen Jahr, daß ein wild Getümmel entbrannt' und
leidige Vergewaltigung im Teutschen Reich. War da viel verkommen Gesindel,
fahrend Volk, jo nicht hatte zu beißen und zu brechen, wohnte sonst in einem
gar wüsten Land, so gelegen zwischen dem Hercynierwald und dem Weichselfluß.
Dort herrschte ein Kriegsherr, der hatte einen über die Maßen schlauen und
verwegenen, auch gar sonderlich grausamen Rath, so Beißmark geheißen, als ich
gehöret Hab. Selbsten zogen die nit zum Streit, aber sie sendeten ihr Schaarent.
hinn auS, daß es ziehe, wo reiche und gesittete Leut ihren Sitz batten. Da
war unsere Stadt in großer Bedrängnuß. Wer aber ein ehrsam und handfest
BürgerSmann gewest, der sindt sich ein aus dem Marktplatz. Und die Zunft der
Geldwechsler, so reich und wohlangesehen daselbsten war. vermochtö über den hochlöb-
lichen Rath, daß selbiger sprach: Lasset uns wappnen unser Fähnlein Landsknechte mit
Hellebarden und schweren Hackenbüchsen, und lasset uns schicken in die Rund,
daß man uns zur Hilf eil. Und nachher ist'S geschehen, daß eine barte Schlacht
entbrannt. Da kunnt man baß Wunder erschauen. DaS nordisch Volk lief
uns an mit einem höllischen Geschrei, daß unfern Fähnlein Muth und Lust
vergangen ist. Selbige wilde Gesellen Han aber darunr so grausig druf ge-


schlagen. weil sie ein arm zerlumpt Volk sind, so nichts zu verlieren hat. ,
Hatten sich auch verbündet mit allerlei Volk auS der Polakei und dem Denken-
land, so noch jenscit der Spree und Weichsel wohnet. Und sie hausten über
die Maßen greulich. Wein wurde da verzapfet, wohl an die sechs Maß Ser
Mann, und was Häuptlinge waren, wohl noch eins so viel, als du wohl
glauben darfst. Daß Solche sprachen: Was sollen wir hingeben in un'er alt
Land, aüwo gar nichts ist als Sand und Gestrüpp, und nicht wüchset da jo
ein gedeihlicher Trank, und so handliche wohlgestalte Weiber? Also sprach sel-
biger Häuptling zum Rath: Willst du dich gutwillig fügen, so will
ich dir nit leid thun und dich schädigen. Willst du aber widersetzlich
sein, dann will ick, waö Weiber und Kinder seind, unter mich und mein Volk
auStbeilen, waö aber Mannövelk und die Wand bepichelt, an die Sattelknöpf
binden, so sie in unser alt Land sollen dreijährige Kriegsdienste tbun, und
sollen von denen Geldwechslern die Meisten den Roßputz besorgen und daS
Gefahrzeug.
Da stöhnte der hochweise Rath in arger Roth, und er seuszcre gar sehr
in Bedrängnuß. Und bot selbigem grausamem Häuptling alleilei schön Kleinod
und köstliche Gaben, Geräth, Gold und Silber und edel Gestein, Spangen zu
machen und Dhrgehcnk, Nasenring und allerlei Schmuckrath, so man trägt bei
den Wenden. Da aber selbiger Häuptling die Stänglein fort batre. so lachete
er überlaut und sprach nun plötziglich: Jö nich! Und so ist'S kommen, da
man schrieb nach unseres Herrn Geburt Eintausend achthundert sechs und sechszig,
daß unser srei Reichsstadt in die Hand eines häßlich wilden Volks fallen ist,
alS ich es wohl erfahren und mit sonderbarem Fleiß zu Nutz und Lehr verzeich-
net Hab. Und haben Etzliche von ihnen noch lästerliche Reden geführt und ge-
böbnet, daß sie in Frankfurt gar nichts hätten davon getragen,
als — den Sieg!
 
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