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Polarnomaden.
8) Die menschliche Seele ist unsterblich, und wird nach den
Mühen dieses Lebens nicht allein einen neuen Körper bekommen,
sondern auch einen herrlichen Aufenthalt, wo sie alles irdische Ver-
gnügen im höchsten Grade genießen wird. Zwar erhält dort der
Mensch auch neue Waffen und Geräthe, allein man giebt denTodten
die alten mit ins Grab, damit er sie auf der Reise in jene Welt
habe.
9) Die Gottheiten muß man durch Opfer verehren und die Bit-
ten an dieselben dadurch unterstützen, daher man das Beßte zum Ge-
schenk darbietet und ihre Bilder mit Speise und Trank bestreicht.
Die Opfer sind theils persönliche, theils betreffen sie die Familie, theils
den ganzen Stamm; letztere finden theils im Frühjahre, theils im Herbste
Statt.
10) Den Willen der 'Götter erforschen die Schamanen, die dazu
vorzüglich der Zaubertrommel sich bedienen, und sich in einen Zu-
stand der Verzuckung zu versetzen wissen, wo die überirdische Welt
ihnen sichtbar ist.
Endlich bemerken wir bei aller Uebereinstimmung im Wesentli-
chen doch eine gewisse individuelle Mannichfaltigkeit der religiösen An-
sichten in Benennung der Gottheiten, im Detail des Dienstes, sowie
eine gewisse Bildsamkeit. Alle diese Polarnomaden nehmew gern die
Gottheiten ihrer christlichen und lamaitischen Nachbarn unter die Reihe
ihrer Götter auf, wie wir namentlich bei den Lappen, Oftiaken und
Buraten bemerkt haben.
Die Cultnr
der polarischen Nomaden erscheint uns als eine weitere Ausbildung
und Fortsetzung der polarischen Fischer- und Jagerzustande; ihre Grund-
lage ist nicht allein ein mehr gesicherter, gebundener, sondern auch ein
wesentlich erweiterter Besitz. Sie stehen nicht so isolirt wie jene Es-
kimos, und seit Jahrtausenden wurden sie von asiatischer wie von
europäischer Cultur berührt, die von der activen kaukasischen Rasse
ausging, und ihrer Entwickelung förderlich war. Seit uralter Zeit
zogen die Handelsleute des Südens nach dem Norden, um hier fossi-'
les Elfenbein und Gold zu suchen, und durch sie scheint die Kennt-
niß der Metalle und deren Bearbeitung zu den polarischen Nomaden
gekommen zu seyn. Ein Fortschritt zeigt sich ferner auch in dem
Familienleben, namentlich der Behandlung der Frauen, die in der
Nähe der germanischen oder chinesischen Völker, wie bei den Lapp-
ländern und Tungusen bei weitem milder ist, als bei-den entlegenen
Ostiaken. Nicht minder ist das Nomadenleben selbst, die Zucht und
Pflege der Thiere, ein wesentlicher Fortschritt, und die mehr friedliche
Richtung des öffentlichen Lebens hängt damit ebenso zusammen, wie
Polarnomaden.
8) Die menschliche Seele ist unsterblich, und wird nach den
Mühen dieses Lebens nicht allein einen neuen Körper bekommen,
sondern auch einen herrlichen Aufenthalt, wo sie alles irdische Ver-
gnügen im höchsten Grade genießen wird. Zwar erhält dort der
Mensch auch neue Waffen und Geräthe, allein man giebt denTodten
die alten mit ins Grab, damit er sie auf der Reise in jene Welt
habe.
9) Die Gottheiten muß man durch Opfer verehren und die Bit-
ten an dieselben dadurch unterstützen, daher man das Beßte zum Ge-
schenk darbietet und ihre Bilder mit Speise und Trank bestreicht.
Die Opfer sind theils persönliche, theils betreffen sie die Familie, theils
den ganzen Stamm; letztere finden theils im Frühjahre, theils im Herbste
Statt.
10) Den Willen der 'Götter erforschen die Schamanen, die dazu
vorzüglich der Zaubertrommel sich bedienen, und sich in einen Zu-
stand der Verzuckung zu versetzen wissen, wo die überirdische Welt
ihnen sichtbar ist.
Endlich bemerken wir bei aller Uebereinstimmung im Wesentli-
chen doch eine gewisse individuelle Mannichfaltigkeit der religiösen An-
sichten in Benennung der Gottheiten, im Detail des Dienstes, sowie
eine gewisse Bildsamkeit. Alle diese Polarnomaden nehmew gern die
Gottheiten ihrer christlichen und lamaitischen Nachbarn unter die Reihe
ihrer Götter auf, wie wir namentlich bei den Lappen, Oftiaken und
Buraten bemerkt haben.
Die Cultnr
der polarischen Nomaden erscheint uns als eine weitere Ausbildung
und Fortsetzung der polarischen Fischer- und Jagerzustande; ihre Grund-
lage ist nicht allein ein mehr gesicherter, gebundener, sondern auch ein
wesentlich erweiterter Besitz. Sie stehen nicht so isolirt wie jene Es-
kimos, und seit Jahrtausenden wurden sie von asiatischer wie von
europäischer Cultur berührt, die von der activen kaukasischen Rasse
ausging, und ihrer Entwickelung förderlich war. Seit uralter Zeit
zogen die Handelsleute des Südens nach dem Norden, um hier fossi-'
les Elfenbein und Gold zu suchen, und durch sie scheint die Kennt-
niß der Metalle und deren Bearbeitung zu den polarischen Nomaden
gekommen zu seyn. Ein Fortschritt zeigt sich ferner auch in dem
Familienleben, namentlich der Behandlung der Frauen, die in der
Nähe der germanischen oder chinesischen Völker, wie bei den Lapp-
ländern und Tungusen bei weitem milder ist, als bei-den entlegenen
Ostiaken. Nicht minder ist das Nomadenleben selbst, die Zucht und
Pflege der Thiere, ein wesentlicher Fortschritt, und die mehr friedliche
Richtung des öffentlichen Lebens hängt damit ebenso zusammen, wie