Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Klemm, Gustav Friedrich
Allgemeine Cultur-Geschichte der Menschheit: nach den beßten Quellen bearbeitet und mit xylographischen Abbildungen der verschiedenen Nationalphysiognomien, Geräthe, Waffen, Trachten, Kunstproducte u.s.w. versehen (Band 3): Die Hirtenvölker der passiven Menschheit — Leipzig: Teubner, 1844

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.66507#0189
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Geselliges Leben.

175

gießen. Diese Milderungen brachte die Armuth der Steppe an Stei-
nen, Holz und Wasser zu Wege; es ergiebt sich aber auch daraus,
daß eben diese Arten der Bestattung keine ursprünglich in der Hei-
math entstandenen sind, sondern aus der Ferne zugebracht wurden
(s. Pallas Nachr. II. 249 ff.).
Ein Ueberrest der auf den Grabstätten aufgestellten Statuen,
die wir bei den Nordländern fanden, scheinen die, jedoch mehr -bei
den östlichen Mongolen, als bei den Kalmyken üblichen hölzernen
und steinernen Monumente zu sehn, in denen dann die Todtenasche
aufbewahrt wird. Bei gemeinen Mongolen wird die Verbrennung
öfter angewandt; Asche und Gebeine bleiben auf der Brandstätte lie-
gen, und man steckt rings umher blaue oder weiße Gebetfahnen oder
auch kleine, schaufelförmige Schindeln umher, welche mit tungusischen
Gebetformeln beschrieben sind.
Das gesellige Leben
der mongolischen Völkerschaften ist bewegter und mannichfaltiger,_als
das der amerikanischen Völkerschaften*), obschon es bei weitem gleich-
mäßiger und geregelt dahinfließt, da es an gewisse, immer wieder-
kehrende Geschäfte sich anknüpft. Gleich den Jagern und Fischern
der Polarzone sind sie überaus höflich und artig gegen Vornehme,
grob und rücksichtslos gegen Geringere.
„Niemand kennt die Regeln der feinen Lebensart besser, als der
Kalmyk (sagt Bergmann Streifereien II. 298), der Geringe sowohl,
als der Angesehene, aber Niemand ist in der Ausübung derselben
schwieriger. Der gemeinste Kalmyk wird niemals die Forderungen
des Anstandes aus Unwissenheit verletzen, da das Betragen der Vor-
nehmen und ihre Sitten ihm täglich vor Augen sind. Ein Kalmyk,
der in die Hütte eines Vornehmen tritt, laßt sich in der Nähe des
Einganges auf die Fersen nieder, es Ware denn, daß er aufgefordert
würde, anderweit Platz zu nehmen. Wenn der gemeinste Kalmyk
einem Fürsten etwas reichen soll, so wird er niemals den Schwung
mit. der Hand und die übrigen Gebräuche vernachlässigen, welche in
den Wohnhütten der Vornehmen gebräuchlich sind. Außerhalb der
Hütte wird der Niedrige dem Vornehmen immer, es sey zu Pferde
oder zu Fuße, die rechte Seite lassen, und als Unterthan in gewisser
Entfernung dem Fürsten folgen. Kein gemeiner Kalmyk wird einen
Mantel, welchen ihm fürstliche Personen auf einer Reise zum Auf-
heben gegeben haben, über seine Schultern legen oder auch hinter
den Sattel aufbinden, weil die feine Lebensart verlangt, daß Sachen,
welche Leuten von hohem Stande gehören, vorne am Sattel befestigt
werden. Auch in den Redensarten-ist ein Unterschied, wenn sie an

*) Vergl. damit Th. II. S. 90 u. S. 211. '
 
Annotationen