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Knackfuß, Hermann; Rubens, Peter Paul [Ill.]
Rubens — Künstler-Monographien, Band 2: Bielefeld, Leipzig: Verlag von Velhagen & Klasing, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.60845#0015
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LZ^Z8LLTW-1 5

Aufenthalts in Siegen geschieht in der Grabschrift keine Erwähnung. Es ist leicht zu be-
greifen, daß die Familie es gern vermied, davon zu sprechen; gewiß hat die liebende
Mutter die düsteren Ereignisse Und ihre schweren Bekümmernisse nach Kräften vor den
Kindern verborgen zu halten gesucht, und so konnte Peter Paul Richens später in gutem
Glauben sagen, daß er die ersten zehn Jahre seines Lebens in Köln zugebracht habe,
und es ist nicht zu verwundern, daß jahrhundertelang Köln als sein Geburtsort gegolten
hat. Von dem Knaben erfahren wir aus jener Zeit, daß er mit großer Leichtigkeit
lernte und in den Anfangsgründen der Wissenschaften seine Altersgenossen schnell über-

Abb 4. Dcmokritos, aus einer von Rubens gezeichneten Folge
antiker Charakterkvpfe. Stich von L. Borstermann (Zu Seite 8)

holte; die bedeutsamste Grundlage für die spätere Große des Mannes war zweifellos
dasjenige, was Herz und Seele des Knaben von der hochherzigen und liebevollen, im
Leid zur Heldin gewordenen Mutter empfingen.
Im Juni 1587 erhielt die Witwe die Erlaubnis, mit ihren Kindern nach Antwerpen
zurückzukehren; im folgenden Jahre traf sie dort ein. Peter Paul erhielt zunächst seine
weitere wissenschaftliche Ausbildung in der sogenannten Pfaffenschule. Er erwarb sich
ausgedehnte Kenntnisse. Wie leicht er lernte, davon gibt die in seinen: späteren Leben
zutage tretende Gewandtheit in: Gebrauch fremder Sprachen ein beredtes Zeugnis; er
schrieb ein fließendes Latein, und neben seiner vlämischen Muttersprache und den: Deutsch
seiner Knabenjahre waren das Spanische, Französische, Italienische und Englische ihm
geläufig. Daß er in der Schule ebensosehr um seiner Liebenswürdigkeit, wie um seiner
geistigen Anlagen willen geschätzt wurde, hat ein Schulgenosse von ihm, der berühmte
Buchdrucker Balthasar Moretus, bezeugt. Zur Ausbildung in der guten Lebensart wurde
Peter Paul auf einige Zeit von seiner Mutter als Page zu einer Frau Margarete von
Ligne, Witwe des Grafen Philipp von Lalaing, geschickt. Bald trat seine Neigung zur
Malerei ungestüm hervor. In Antwerpen blühte damals die Malerei, obgleich die Stadt
infolge der schweren Belagerung durch den Prinzen von Parma (1584—1585) verarmt
und verödet war; es war, als ob die unglückliche Stadt für den Verlust der Freiheit
und den unaufhaltsamen Niedergang unter der spanischen Herrschaft — in der Zeit von
1584—1589 sank die Zahl der Bevölkerung von 85000 auf 55000, Gras wuchs auf den
Straßen, man begegnete weder
Reitern noch Kutschen — in der
schönen Traumwelt der Kunst einen
Ersatz gesucht hätte.
Peter Paul Rubens' erster
Lehrmeister war der Landschafts-
maler Tobias Verhaeght, bei den:
er indessen nur kurze Zeit blieb.
Bier Jahre lang lernte er dann in
der Werkstatt des Adam van Noort,
eines von den Zeitgenossen wegen
seiner Geschicklichkeit gepriesenen
Malers, über dessen Können wir
uns heute schwer ein Urteil bilden
können, da kein einziges Gemälde
vorhanden ist, das ihn: mit un-
bedingter Sicherheit zugeschrieben
werden könnte. Vier weitere Jahre
lernte Rubens bei Otho van Veen
(Benius), dem „Fürsten der bel-
gischen Malerei jener Zeit"; der
war ein sehr gelehrter Mann von
vornehmer Herkunft, sein Geschlecht,
das den Titel der Herren von Hoge-
veen, Desplasse, Vuerse, Draaken-
steyn usw. führte, stammte von

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