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war, getreulich für die Seinigen und für die Nachwelt abzubilden, nicht im
Zweifel ſein können. Zu diefen Selbſtbildniſſen im engeren Sinn gehört das
prächtige Bild von 1653 im Louvre, aus dem, trotz der Prunkkleidung von
violettem Sammet mit juwelenbeſetzter Goldkette, der ernſt denkende und beob-
achtende Künſtler uns anblickt (Abb. 24), und das ebenſo ſchöne aus dem folgen-
den Jahr, in der nämlichen Sammlung, das uns den Künſtler zugleich als
einen mit heiterem Selbſtbewußtſein ins Leben blickenden Mann zeigt (Abb. 30),
ſowie das ähnlich aufgefaßte, ebenfalls von 1634, im Kaiſer-Friedrich-Muſeum
zu Berlin (Abb. 1).

Rembrandt hatte im Jahre 1633 wohl beſonderen Grund, ſeine Perſon
mit Aufmerkſamkeit zu betrachten. Ein in der Dresdener Galerie befindliches
Gemälde aus dieſem Jahre zeigt uns das Bruſtbild einer jungen Dame mit
zarter, roſiger Haut und goldblondem lockigen Haax, die unter dem Schatten
eines rotſammmeſnen Hutes hervor dem Veſchauer mit luſtigen Augen entgegen-
lacht (Abb. 25). Das iſt Saskia van Uylenburgh, die verwaiſte Tochter des zu
Leeuwarden anſäſſig geweſenen Rechtsgelehrten Rombertus Uylenburgh. Wahr-
ſcheinlich hat Rembrandt dieſe Tochter eines alten und hochangeſehenen frieſiſchen
Geſchlechts bei dem Prediger Janus Sylvius kennen gelernt, deſſen Frau eine
Baſe Saͤskias war. Wurde ihm, bei einem Beſuch der jungen Dame bei ihren
Aniſterdamer Verwandten, die Aufgabe geſtellt, ihr Bild zu malen, und iſt ihm
bei dieſer Gelegenheit das ſonnige Lächeln, das er ſo reizvoll feſtzuhalten wußte,
ins Herz gedruͤgen? Oder galt dieſes Lächeln Saskias ſchon dem Manne ihrer
Wahl? Genug, ſie ward feine Braut. Am 8. Juni zeichnete er ſie auf ein
fleines Blatt Papier, wie ſie ihm gegenüberſaß, den Kopf leicht auf die Hand
geſtützt, und unter dem Schatten eines breitrandigen Strohhutes hervor ihn mit
jtillem, ſonnigem Blicke anſchaute, in der auf dem Tiſche ruhenden Hand eine
Blume wohl eine Nelke, die Blume der glücklich Liebenden; und der Zeichnex
faßte ſeinen Herzensjubel in die Worte, die er darunter ſchrieb: „Dies iſt nach
meiner Hausfrau abgebildet, da ſie 21 Jahr alt war, den dritten Tag nach-
dem wir verlobt waren.“ Das Berliner Kupferſtichkabinett bewahrt dieſes ent-
zückende Blatt (Abb. 26).

In bräutlichem Ernſt ſehen wir Rembrandts Erwählte daſtehen in dem
herrlichen Bildnis in der Kaſſeler Gemäldegalexie, einem wunderpoll durch-
gearbeiteten Werk von faſt feierlich ergreifendem Farbenklang. Saskia erſcheint
hier in vornehmem Schmuͤck, in einem von der herrſchenden Mode abweichenden
Koſtüm. Sie trägt einen rotſammetnen Hut mit Goldverzierungen und weißer
Straußenfeder, ein Kleid aus dunkelrotem Sammet, mit Unterärmeln aus einem
leichten goldiggrauen Stoff mit farbigen Wüſterchen, einen mattbläulichen, mit
Gold und Farben beſtickten Kragen; einen Pelzmantel hat ſie leicht umgeworfen;
im Haar, um den Hals, an der Bruſt und den Armen glänzt und blitzt es von
Gold, Perlen und Juwelen. In der behandſchuhten Rechten hält ſie einen
Zweig von Rosmarin, und ſinnend blickt ſie vor ſich hin. Das Heſicht zeigt
dem Beſchauer die jungfräulich reinen Linien des Profils Abb. 27). Sasfia
war keine blendende Schönheit, aber ſie war ſehr hübſch und dabei von blühen-
der Jugendfriſche und glücklicher Heiterkeit reizvoll umkleidet.

Ein Jahr nach der Verlöbung wurde die Ehe geſchloſſen. In Amſterdam
iſt eine von Rembrandt unterzeichnete Urkunde vom 10. Juni 1634 vorhanden,
die bezeugt, daß Rembrandt und der Prediger Jan Cornelis (Sylvius) als Ver-
weter der Braut, vor der zuſtändigen Behörde erſchienen ſind, um das Aufgebot
anzumelden. Die Trauung fand am 22. Juni 1634 ſtatt.

Rembrandts Unermüdlichkeit fand neben den vielen beſtellten und freiwilligen
Bildnisgemälden des Jahres 1683 auch noch Zeit für Gemälde freier Erfindung.
Das Louvre⸗ Muſeum bewahrt zwei untereinander ſehr ähnliche kleine Bilder, beide
mit dem Titel „Ein Philoſoph in Betrachtung verſunken“, von denen das eine

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