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Da ſehen wir, wie x E
Tobias, ſein Bündel * @P jj/”(M)

am Stock über dem —
Rücken tragend, an 4 / 2 7
der Seite des Engels,
deſſen Geſprächen er
lauſcht, durch eine
baumreiche Landſchaft
wandert; das Hünd-
lein fehlt nicht, das
mit ihm lief (Abb.
104). Eine ungemein
reizvolle feine Zeich: “
nung verſetzt uns dann
an das Ufer des Ti-
gris, das durch Wie-
ſen und Geſträuch all-
mählich zu ferner lie-
genden Höhen hinan-
ſteigt. In ganz kind-
lichem Schrecken hat
Tobias die Füße aus
dem Waſſer zurück-
gezogen beim Anblick
des Fiſches; er drückt
ſich ſchutzſuchend gegen
den Engel, und der
weiſt ihn ruhig an,
den Fiſch zu ergreifen
Abb. 105). Noch
ſhöner iſt das durch
Tuſche in maleriſche
Wirkung gebrachte
Blatt, das mit köſt⸗ Abb. 62. Drei Frauenköpfe. Radierung von 1637. (Zu Seite 64.)
licher Anſchaulichkeit
ſchildert, wie Tobias unter Aufſicht des Engels den zappelnden Fiſch auf-
ſchneidei und die heilbringenden Eingeweide herausnimmt. Man kann ſich nichts
Poetiſcheres denken als dieſe ſonnige Uferlandſchaft; man fühlt die Hitze des
Tages, die das Hündchen antreibt, ſeinen Durſt mit begierigen Zügen zu
löſchen, und man glaubt im Schatten der üppig wachſenden Bäume erfriſchende
Waſſerluft zu atmen (Abb. 106). W ;
Außer dem Tobiasbilde des Louvre ſind noch zwei bibliſche Gemälde mit

der Jahreszahl 1637 bezeichnet. „Suſanna im Bade,“ in der Gemäldegalerie
im Haag, nimmt den bibliſchen Stoff nux als Vorwand zux Darſtellung unver-
hülller weiblicher Schönheit, freilich der Schönheit, wie ſie Rembrandt verſtand,
nicht als Formen-, ſondern als Farbenreiz. Die Nebenfiguren der beiden Alten
ſind nur durch den Kopf des einen, der zwiſchen dem Geſträuch des Gartens
ſichtbar wird, angedeutet. Suſanna iſt dargeſtellt, wie ſie ſich eben von dem
Sitze, auf dem fie ihre Kleider niedergelegt hatte, erheben will, um ins Waſſer
hinabzuſteigen. In dieſem Augenblicke hört ſie ein Geräuſch, duckt ſich zuſammen
und fieht ſich ſcheu um, ihr Blick trifft gerade den Beſchauer. Die Lebens:
wahrheit der jugendlichen Geſtalt in Form und Bewegung iſt Naturtreue. Aber
wie die zarte oͤlonde Haut aus dem tiefen Ton der dichten Gebüſche hervor-
leuchtet, das iſt echteſte Poeſie.

Knackfuß, Rembrandt. 5 65
 
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