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nachher hat Rembrandt einen weißen Grund vorteilhafter gefunden. In den
Kreiſen der zeitgenöſſiſchen Sammler wußte man ein Geſchichichen zu erzählen.
Der durch die Seltenheit geſteigerte Preis der Drucke des erſten Zuſtandes ſoll
einen Kupferſtecher verleitet haben, Exemplare von „Aſſelyn mit der Staffelei“
zu fälſchen; da ihm aber keines als Vorbild erreichbar geweſen wäre, fo haͤtte
er, ixregeleitet durch den Doppelſinn des Wortes „ezel“, mit dem man im
Holländiſchen die Staffelei nennt, im Hintergrunde ſeiner Aſſelynkopie anſtatt des
Malgerätes einen Eſel angebracht. Das Geſchichtchen iſt dumm; aber es bekuͤndet,
daß hetrügexiſche Nachbildungen Rembrandiſcher Drucke in den Handel kamen.
Unter den mit der Jahreszahl 1648 bezeichneten Werken find mehrere, die
zu den glücklichſten Schöpfungen des Meiſters zählen. In einer Nadiekung von
prächtig farbiger und maleriſcher Wirkung zeigt er ſich ſelbſt in der Emſigkeit
der Arbeit. Ohne ſeine Erſcheinung durch irgend etwas von den ſonſt beliebten
Auffälligkeiten hervorzuheben, mit einem Hut von allgemein gebräuͤchlicher Form
auf dem Kopfe ſitzt er an einem kleinen Fenſter und zeichnet in ein vor ihm
liegendes Heft; die Gewißheit des ſicheren künſtleriſchen Erfaſſens leuchtet aus
dem ſcharf beobachtenden Blick Abb. 119). In verſchiedenen Radierungen dieſes
Jahres kringt er uns die unmittelbaren Ergebniſſe ſeiner ſcharfen Beobachtung.
Das köſtliche Blättchen, das uns in eine Synagoge blicken läßt, wo verſchiedene
alte Juden kommen und gehen und ſich in einer Weiſe unterhalten, daß wir das
Durcheinanderſummen der gedämpften Stimmen zu hören glauben, iſt wie aus dem
Leben abgeſchrieben (Abb. 123). Das wunderbar ſchön radierte Blatt mit der
Bettlerfamilie, die an einer Haustür von einem freundlichen Greis mit einer Gabe
bedacht wird, iſt eine der vollendeiſten von des Meiſters meiſterhaften Schilderungen


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