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Schleif, Hans; Rōmaios, Kōnstantinos Ath; Klaffenbach, Günther ; Rodenwaldt, Gerhart [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches <Berlin> [Hrsg.]
Korkyra: archaische Bauten und Bildwerke (Band 1): Der Artemistempel: Architektur, Dachterrakotten, Inschriften — Berlin: Mann, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.48761#0079
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Triglyph von Monrepos
Zu den merkwürdigen und einzigartigen oberen Endigungen der Glyphen an der Nordseite des
Eckblocks von lempel C kommt jetzt eine nicht minder einzigartige Parallele hinzu an
einem Ecktriglyphen aus dem Park von Monrepos (Abb. 59). Er besteht aus weichem Mergel-
kalk und wurde als Baustein in einer spätantiken Terrassenmauer über einem alten Brunnen-
bassin wiederverwendet. Die Glyphen sind mit demselben klammerförmigen /--Profil ab-
geschlossen, mit dem die Glyphenumrahmung in Selinunt endigt (a. a. O. Abb. 74)1. Diese
Profilierung ist nur verständlich, wenn man sich wieder an die Herkunft der dorischen Archi-
tektur aus der Holzbaukunst erinnert: der Holztriglyph bestand aus drei senkrecht neben-
einanderstehenden kleinen Brettern, deren Kanten, um die Fugen nicht in Erscheinung treten


zu lassen, stark abgefast wurden. Oben begann die Fase mit einer schrägen Unterschneidung
der Brettkante und verlief dann unverändert bis unten. Diese schräge Unterschneidung wird
auch heute noch im Holzbau bei Abfasungen in kunstvoller Weise als Ornament bedandelt
und oft in S-förmigem Profil geschnitten, und zwar sowohl rechts- wie linksläufig (^ oder r/).
Das Glyphenprofil darf also konstruktiv nur halb gesehen werden, wie es an den beiden
Rändern des Triglyphen erscheint.
Als weitere Besonderheit zeigt der Ecktriglyph von Monrepos eine deutliche und sicher nicht
zufällige konkave Kurvatur, wie sie sonst bisher nirgends beobachtet wurde. Es hat den An-
schein, als sei hier eine zur Schwellung der Ecksäule gegenläufige Bewegung beabsichtigt, als
sei die Kontur der Ecke dieses unbekannten Baues vom Stylobat bis zum Gebälk in einer
langen S-Linie verlaufen.
Für das Triglyphon des Artemistempels gibt es bisher unter den Bauten dorischen Stils aus
archaischer Zeit noch keine Analogie. Die Endigung der Schlitze in einfachen Spitzbogen ist
bisher singulär, kommt allerdings schon an einem sehr frühen Iriglyphon, das in den Funda-
menten des Schatzhauses X von Olympia (Olympia II 50 und Taf. 35) verbaut war, in einer
reicheren, wieder sehr „hölzernen“ Abwandlung vor. Ungewöhnlich für die Frühzeit sind auch
der stumpfwinklige Querschnitt der Schlitze und das Verhältnis 2:3 von Triglyph zu Metope, das
erst wieder an der peisistratischen Ringhalle des Athenatempels auf der Akropolis von Athen
und in Groß-Griechenland am Heraion von Akragas (nach 480) zu bemerken ist.
1 Eine bemerkenswerte Parallele bildet der bereits erwähnte, vermutlich spätarchaische Triglyphenfries von Kassopitra (s. S.12),
dessen Glyphen nicht den üblichen winkelförmigen Querschnitt zeigen, sondern ebenfalls diese geschwungene Klammerform.

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