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Schleif, Hans; Rōmaios, Kōnstantinos Ath; Klaffenbach, Günther ; Rodenwaldt, Gerhart [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches <Berlin> [Hrsg.]
Korkyra: archaische Bauten und Bildwerke (Band 1): Der Artemistempel: Architektur, Dachterrakotten, Inschriften — Berlin: Mann, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.48761#0078
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DIE KUNSTFORMEN

Bisher sind bei der Beschreibung der Überreste nur die vorwiegend technischen Merkmale
berücksichtigt worden, um zunächst einmal jeden einzelnen Stein zu messen, zu benennen und
zu ergänzen. Jetzt sollen zusammenfassend die stilistischen Einzelheiten betrachtet werden,
um mit ihrer Hilfe den relativen Zusammenhang mit den bereits bekannten archaischen
dorischen Tempeln zu suchen.
Korkyra ist nach der Überlieferung eine Gründung Korinths. Da es als erste Station am Wege
der Kolonisation nach Westen liegt, wird es wohl nicht später als Korinths berühmteste
Kolonie Syrakus gegründet worden sein (vgl. Band II 167ff.). Der maßgebende Einfluß der
regsamen und erfindungsreichen Korinther war sicher am stärksten in der Frühzeit während
des Aufblühens der Kolonie von der zweiten Hälfte des 8. bis zum ersten Drittel des 7. Jahr-
hunderts, bevor die ersten Streitigkeiten mit der Gründerstadt um die Selbständigkeit der
Kolonie begannen.
Korinth und Syrakus
Aus dieser Frühzeit sind weder in Korinth noch in Syrakus monumentale Reste in vergleich-
barem Erhaltungszustand bisher bekanntgeworden. Die ältesten Tempel in Syrakus, der
Apollotempel und das Olympieion, werden in die Zeit zwischen 590 und 570 v. Chr., der
Apollotempel von Korinth nicht vor 535 v. Chr. gesetzt. Die geringen Überreste dieser drei
Bauten lassen weder für den Grundriß — sie sind hexastyl — noch für den Aufbau eine Ver-
gleichsmöglichkeit zu. Der Apollotempel in Syrakus hat gedrungene, ißkannelurige Säulen
und ein Kapitell mit einfacher Hohlkehle als Endigung der Kanneluren und 3 bis 4 Ringe am
Echinusansatz. Das Kapitell der ebenfalls sehr gedrungenen, 20kanneIurigen Säule des
Apollotempels von Korinth entspricht bereits in allen Einzelheiten dem kanonischen dorischen
Stil.
Korinth errichtete im 7. Jahrhundert ein Schatzhaus in Delphi, dessen einziger, sicher zu-
gehöriger Stein, ein Geisonfragment, einen U-förmigen Seilkanal der anfangs beschriebenen
Art hat (Fouilles de Delphes II 2, 194 Abb. 151 I).
Olympia
Vom Schatzhaus der Syrakusaner in Olympia ist weder der Grundriß noch die dazugehörige
Architektur mit Sicherheit nachzuweisen. Auch die Datierung des Pausanias — nach 480
v. Chr. — bezieht sich vielleicht eher auf die Weihegaben im Innern als auf das Gebäude
selbst. Daß die Steine Olympia 11 46 und Taf. 34 tatsächlich dem korinthischen Kunstkreis
angehören und den entsprechenden Stücken der Architektur von Korkyra auffällig nahe ver-
wandt sind, beweisen zahlreiche Übereinstimmungen: an der Säule die Vielzahl von 32 Kan-
neluren und der Blattkranz unter dem Echinus, am Architrav der flache Rundstab in der
Taenia und die vier Tropfen an der Regula. Ferner erinnert die Hohlkehle an der Geisonstirn
an die Steine Abb. 36f, und schließlich sei noch eine technische Einzelheit vermerkt: die Wand-
quadern sind ähnlich wie die Geisa Abb. 19 mit einer doppelten Zange auf den Bau gehoben
worden.
Selinunt C
Eine gleichermaßen profilierte Taenia hat auch der Tempel C in Selinunt, nächst den beiden
erwähnten syrakusanischen Bauten der älteste steinerne Tempel Siziliens. Daß der Fugen-
schnitt beider Architrave gleichartig war, ist oben S. 33 schon erwähnt worden. Auch am
Tempel C hängen die Tropfen der Regula frei vor dem Architrav, während sie bei dem be-
nachbarten D, der nur wenig später datiert wird, bereits an den Architrav angearbeitet sind.

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