Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schleif, Hans; Rōmaios, Kōnstantinos Ath; Klaffenbach, Günther ; Rodenwaldt, Gerhart [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches <Berlin> [Hrsg.]
Korkyra: archaische Bauten und Bildwerke (Band 1): Der Artemistempel: Architektur, Dachterrakotten, Inschriften — Berlin: Mann, 1940

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48761#0033
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
OBERBAU

Da der Tempel, wie bereits erwähnt, systematisch abgetragen worden ist, konnten auch von
seinem Oberbau nur die wenigen Steine gefunden werden, die bereits vor der Abtragung, viel-
leicht schon bei einem Erdbeben in der Spätantike, herabgefallen und unter den vom nörd-
lichen Hügelabhang über die zerfallende Stützmauer sich ausbreitenden Erdmassen verborgen
waren, so daß sie den Steinräubern entgingen. So wird es den Steinen ergangen sein, die zu-
sammen mit den Reliefplatten des Westgiebels noch in der Sturzlage gefunden wurden, ferner
auch dem einzigen noch erhaltenen Kapitell, das 16 Meter weit von der Ruine fortrollte und
wohl nur deshalb von den Steinräubern nicht mehr gefunden wurde. Alle übrigen, insbesondere
die kleinen Bruchstücke, wurden in dem durchwühlten Schutt über den Fundamentresten
gefunden, so daß bei keinem mehr der Fundort einen sicheren Hinweis bietet für den Platz,
den der betreffende Stein ehemals am Bau gehabt hat.

Stylobat und Pflaster
Ein einziges, aber sehr wichtiges größeres Bruchstück des Stylobats hat sich im südöstlichen
Teil des Tempels gefunden (Abb. 11a). Durch die deutliche, wenn auch schwer meßbare
Verwitterungsspur eines Quadranten vom unteren Säulendurchmesser ist das Bruchstück als
Stylobatstein gekennzeichnet. Die Kanneluren zeichnen sich nur undeutlich ab, vielleicht
waren sie schon beschädigt, als die Säule noch stand; deshalb ist aus ihrem Umriß der Säulen-
mittelpunkt nicht zu errechnen. Ein kleines trichterförmiges Loch, nicht sehr regelmäßig,
nahe der Stoßfuge, rührt wohl von einer Beschädigung her; als Zentrum eines Zirkelschlages
würde es einen unteren Durchmesser von wenig über 1,20 m bedingen. Dieser Durchmesser
ist zu klein, wie weiter unten gezeigt wird. Eher lag die Säulenachse genau auf der Fuge, dann
ergäbe sich ein Durchmesser von etwa 1,40 m. In jedem Falle ist das Bruchstück bereits breiter
als der halbe Stylobat; dieser war demnach einreihig, vielleicht sogar war die Länge der ein-
zelnen Platten gleich dem Säulenachsenabstand. An der etwa 1 m lang erhaltenen Rückseite
ist der Falz ausgearbeitet, der entsprechend dem bereits beschriebenen Falz am Cellafunda-
ment als Auflager des Ringhallenpflasters hier zu erwarten war. Mit Hilfe der Höhe dieses
Falzes von 13,7 cm kann nun auch die Dicke des Pflasters mit 13 bis 14 cm und damit das
Niveau der Ringhalle und des Stylobates mit + 6,92 bis + 6,93 m errechnet werden, indem
der Nivellementszahl der Plattenunterlagssteine 6,79 m dieses Maß der Plattenstärke zu-
gezählt wird. Damit ist jetzt auch die Höhe des Stylobates über der Fundamentsohle mit etwa
1 m bekannt. Die Seitenansicht (Abb. 11a unten) zeigt, daß die Einarbeitung des Falzes die
Ecke der Anathyrose zerschnitten hat, daß also zuerst die Anschlußfläche ohne Rücksicht auf
den späteren Falz und das Pflaster angelegt wurde. Aber trotzdem wird das Pflaster mit dem
Tempel gleichzeitig entstanden sein, denn die Rückseite der Quader, soweit sie unterhalb des
Falzes erhalten ist, ist so unregelmäßig geblieben, wie sie aus dem Steinbruch kam, und dies
sicher nur in der Voraussicht, daß die Oberkante durch den Falz und die Pflasterplatten erst
noch reguliert werden sollte. An der Oberseite des Stylobatsteines ist noch ein unerklärter,
stemmlochartiger Schlitz parallel zur Innenkante und 45 cm von ihr entfernt am Bruchrande
zu bemerken.
Vom Stylobat sind ferner noch zwei kleine, fast gleiche Bruchstücke erkannt worden, von denen
das eine in Abb. lld dargestellt worden ist, aber nichts Neues bietet, außer der Anathyrose an
der Unterseite. Das große Bruchstück 11a ist unten ganz glatt.

29
 
Annotationen