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Schleif, Hans; Rōmaios, Kōnstantinos Ath; Klaffenbach, Günther ; Rodenwaldt, Gerhart [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches <Berlin> [Hrsg.]
Korkyra: archaische Bauten und Bildwerke (Band 1): Der Artemistempel: Architektur, Dachterrakotten, Inschriften — Berlin: Mann, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.48761#0101
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II. DIE DACHTERRAKOTTEN

Die Zahl der Fragmente von Dachterrakotten, die im Museum von Kerkyra aufbewahrt
werden, ist nicht groß. Aber die Originalität von manchen Stücken der hocharchaischen Zeit,
dazu ihre teilweise ungewöhnliche Größe und die Mannigfaltigkeit der Typen machen die
äußerlich kleine Sammlung überraschend interessant und bedeutend. Das antike Korkyra,
als ein Hauptort von Westgriechenland, steht dadurch gleichwertig neben dem überreichen,
älteren Thermos und den anziehenden Funden von Kalydon. Diese drei Stätten, die, auf dem
Wege zwischen Korinth und Sizilien gelegen, eine topographische Einheit bilden, haben uns
ein umfängliches Material1 geliefert, das gegenseitig ergänzt und erklärt, die dunkle Früh-
geschichte des griechischen Tempels wesentlich zu erhellen vermag.
Die hier in Betracht kommenden Dachterrakotten stammen fast ausschließlich von den
Grabungsplätzen am Tempel der Artemis und im Park von Monrepos (vgl. S. 9ff.). Sie
werden hier gemeinsam behandelt, um das Verständnis der jeweiligen Fragen durch
Vergleichung zu erleichtern. In dem heiligen Bezirk innerhalb des Parkes von Monrepos
sind sehr wichtige Dachterrakotten gefunden worden, die einen ähnlichen, aber weit
größeren und entwickelteren Dachtypus als Thermos A repräsentieren. Sie sind teils
bei den Ausgrabungen zutage gekommen, teils stammen sie aus älteren Zufallsfunden.
Sie brauchen nicht in Verbindung mit dem Grabungsplatz veröffentlicht zu werden, da keine
zugehörigen Fundamente oder andere Baureste entdeckt worden sind. Auch einige dort
gefundene Architekturteile sind oben im Anschluß an die Architektur des Artemistempels
behandelt worden. Die wenigen in der Umgebung des Kardakitempels gefundenen Dach-
terrakotten sowie die sehr schlecht erhaltenen Fragmente des Tonakroterions sollen in
Band III behandelt werden.
Die überwiegende Masse der Terrakotten stammt von der Ausgrabung am Artemistempel.
Von ihnen gehört ein Teil sicher der ersten Bedachung des Tempels an. Dazu gehört vor
allem die große Terrakottasima2, die im Zusammenhang der gesamten Dekoration des Daches
und der Steinarchitektur behandelt werden muß. Dabei ist auch die spätere Erneuerung des
Dachrandes in Marmor zu berücksichtigen. Dazu kommen Reste anderer Dächer, die zeitlich
und formal mit dem des großen Tempels in Zusammenhang stehen. Sie gehören zu kleineren
gleichzeitigen und etwas späteren Bauten, von denen Baureste fehlen.
Wohl der wertvollste Einzelfund der Ausgrabung des Jahres 1914 waren die über 30 Frag-
mente der genannten großen Sima mit eingepreßten und bemalten Ornamenten. Sie sind
fast alle in einer auffallend kurzen Strecke neben dem nördlichen Stylobat wenige Meter
vor der westlichen Ecke und ungefähr in der Tiefe der Fundamentsteine gleichzeitig zutage
1 Um den Mißstand zu verringern, der aus der verspäteten Veröffentlichung der Funde von Thermos entsteht, sei hier bemerkt,
daß die unten folgende Behandlung des Daches von Monrepos zugleich wenigstens vorläufig zum Verständnis des sehr ähnlichen
älteren Daches vom Apollotempel zu Thermos beitragen kann. Über die ältesten Dachterrakotten vom Heiligtum der Laphria in
Kalydon ist im Festband der 1937, 300 ff. gehandelt.
2 W. Dörpfeld, AM. 39, 1914, 166.

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