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Schleif, Hans; Rōmaios, Kōnstantinos Ath; Klaffenbach, Günther ; Rodenwaldt, Gerhart [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches <Berlin> [Hrsg.]
Korkyra: archaische Bauten und Bildwerke (Band 1): Der Artemistempel: Architektur, Dachterrakotten, Inschriften — Berlin: Mann, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.48761#0165
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C. ZUSAMMENFASSUNG
Nach der Besprechung der einzelnen Reste und der an sie anknüpfenden Fragen dürfte eine
Zusammenfassung zweckmäßig sein, die das einzelne verbindet und die gewonnenen Ergeb-
nisse in einen größeren Zusammenhang einreiht.
Durch das Studium der Terrakottatrümmer sind uns nicht weniger als vier früharchaische
Dächer leidlich gut bekanntgeworden, nämlich das Dach des Artemistempels, dasjenige mit
der sogenannten „kleineren“ Sima, das „korinthische“ Dach und endlich das Dach von der
Akropolis in Monrepos. Diese Dächer sind auf zwei Haupttypen zu verteilen, die beiden
ersten zu dem Typus mit durchgeführter Dachschräge, den wir der Kürze halber mit A
bezeichnen wollen, und die beiden anderen auf den Typus B mit geknicktem ringsherum-
laufendem Rande. Bei dem „korinthischen“ Dach wissen wir zwar, daß es ein Knickdach war,
aber es bleibt unsicher, ob der horizontale Rand mit den figürlichen Antehxen auch unter
dem Giebel angebracht war oder ob er in eine geknickte Giebelsima überging. Noch zweifel-
hafter ist es, ob das oben (S. 134) unter den „anderen Simen“ an letzter Stelle besprochene
Traufziegelfragment mit Sima vorne und Blattstab unten zu dem einen oder dem anderen
Typus gehörten. Die Unterscheidung der Typen A und B ist wichtig für das Verständnis der
Entwicklungsgeschichte des Daches (vgl. H. Schleif, oben S. 55f.) und des dazugehörigen
Geisons. Beide sind von Urtypen abgeleitet, die von jeher bestanden und fortwährend gegen-
seitigen Einfluß ausübten. Hinter B steht der Bautypus vom Modell des argivischen Heraions,
das nach den ähnlichen Funden aus Perachora nicht mehr allein steht und dessen Gestalt durch
den leicht zu ergänzenden Aufbau des vorarchaischen Megarons B mit der ovalen Peristasis zu
Thermos bestätigt wird. Bei all diesen Beispielen endet das Dach aus konstruktiven Gründen
innerhalb der Fläche der horizontalen Decke, so daß ringsherum ein bald engerer, bald breiterer
Rand entsteht. In der folgenden archaischen Periode tritt das Dach näher an die Säulen heran,
aber der Rand bleibt erhalten und trägt natürlich ringsherum Geisa und Simen. Eine Folge
davon ist, daß der zurücktretende Giebel kein Geison erhält. Uber den Dachsparren treffen
wir hier als einzigen Schmuck die Langseiten der letzten Flachziegel, die, zu einer Sima um-
geformt, einen Kopf in der Mitte tragen — Monrepos, Thermos — und damit Vorläufer der
späteren Marmorsimen am Artemistempel wie am Poliastempel der Akropolis sind, wo an
die Stelle der Köpfe Palmetten getreten sind.
Ganz anders ist die Entwicklung beim DachtypusA. Wir kennen hier zwar nicht den ursprüng-
lichen Typus aus älteren Tonmodellen, können ihn uns aber genau vorstellen. Hier bedeckte
das schräge Dach den ganzen Bau und nicht wie bei B einen begrenzten inneren Teil. Daraus
folgte, daß das Balkenpaar am Giebeldreieck im bedeutenden Maß vortrat und die Sparren-
köpfe an der Langseite über das Geison hinausragten. Das war die folgenreiche Voraus-
setzung für die künftige monumentale Ausgestaltung aller Geisa. Bei Beginn des Steinbaues,
vielleicht schon früher, wurde aus den vorspringenden Sparren ein Geison in der Form einer
Wassernase gebildet und mit dem darunterliegenden, die mutuli enthaltenden Deckgeison zu
einer Einheit verbunden. Ein ähnliches Dachgeison schuf man am Giebel aus den über das
Tympanon hervortretenden Balken, während unten an der Giebelbasis nur das Deckgeison
weiterbestand. Eine Bestätigung dieser zunächst theoretischen Entwicklung bietet uns der
Artemistempel. Bei ihm bestand in der ältesten Zeit ein Teil des oben beschriebenen Dach-
geisons noch aus Holz, und dieser Teil, das Akrogeision, zeigt uns am deutlichsten den Weg,
wie so und nicht anders das Dachgeison an der Langseite und am Giebel ausgestaltet werden

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