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SCHRIFTLICHE ÜBERLIEFERUNG

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Die Geiselnahme war auch bei den Vertragsbindungen zwi-
schen den einheimischen Gesellschaften üblich. So hatten die
Haeduer Ariovist Geiseln gestellt (Caes. Gall. I 37). Auch die
Treverer lieferten rechtsrheinischen Germanen Geiseln aus
(Caes. Gall. VI 2). Des traditionellen politischen Mittels der
Geiselnahme bedienten sich noch 21 n. Chr. die aufständi-
schen Haeduer und Treverer als sie in Autun die vornehmsten
jungen Adeligen ganz Galliens, die dort zum Studium weil-
ten, in ihre Gewalt brachten (Tac. ann. III43). Sie hofften, da-
durch das Verhalten der einzelnen gallischen Stammeseliten
lenken zu können.
Die Geiselnahme bzw. römische Erziehung junger galli-
scher Adeliger dürfte somit eines der effektivsten Mittel bei
der Romanisierung gewesen sein. Archäologisch läßt sie sich
jedoch kaum nachweisen.
Die ereignishistorische Entwicklung nach dem Treverer-
Bataver-Aufstand muß hier nicht behandelt werden. Sie ist
geprägt von Stabilität und von der bis zu den Germanenein-
fällen herrschenden pax Romana.
Von einiger Bedeutung für unser Thema sind jedoch eini-
ge spätrömische Quellen des 4. Jahrhunderts n. Chr. Hier ist

die Erwähnung Hieronymus zu nennen, aus der hervorgeht,
daß die Galater eine Sprache besaßen, die derjenigen der
Treverer sehr ähnlich war915. Diese Quelle wird dahingehend
ausgelegt, daß die keltische Sprache der Treverer noch im 4.
Jahrhundert n. Chr. in Trier bzw. der Umgebung, wo sich der
Kirchenlehrer wahrscheinlich zwischen 367 und 374 aufge-
halten hat, gesprochen wurde916. Es ist allerdings fraglich, ob
die spätrömischen Treverer eine bilinguale Kultur pflegten,
und ob es tatsächlich gesellschaftliche Schichten bzw. Grup-
pen gab, die noch im 4. Jahrhundert n. Chr. des Lateinischen
bzw. Romanischen nicht mächtig waren. Die Quelle läßt je-
doch erahnen, daß Latein zumindest in der frühen Kaiserzeit
in den ländlichen Gebieten als Umgangssprache nur bei der
Oberschicht und vielleicht im Geschäftsleben eine nennens-
werte Rolle gespielt haben dürfte.
Schließlich ist die Mosella des Ausonius zu erwähnen, die
gemeinsam mit der Tabula Peutingeriana917 eine Vorstellung
von der Geographie der Untersuchungsregion in römischer
Zeit vermittelt {Abb. 68 u. 69).

9,4 Ebd.
915 Hieronymus, Commentar. in epist. ad Galatas II 3: „Galatas excepto
sermone Graeco, quo omnis oriens loquitur, propriam linguam eandem pae-
ne habere quam Treviros“ [zitiert nach Heinen 1985, 20 Anm. 8].
916 Ebd. 20; 343.
917 Tabula Peut.
 
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